Kanadier Ouellet neuer Präfekt der Bischofskongregation

Vatikan bekommt neuen Personalchef

Eine Epoche im Vatikan geht zu Ende. Kardinal Giovanni Battista Re, mächtiger Präfekt der Bischofskongregation und letzter großer Kurienkardinal aus der Ära Johannes Pauls II., geht in Pension. An die Stelle des norditalienischen Vatikandiplomaten folgt der kanadische Theologe, Primas und Erzbischof von Quebec Kardinal Marc Ouellet.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Ouellet ist ein polyglotter Kirchenmann, der zuvor als Professor in Rom lehrte und auch am Vatikan tätig war.

26 Jahre lang saß Re unter Johannes Paul II. (1978-2005) an entscheidenden Schaltstellen der römischen Kurie. 1979, wenige Monate nach seiner Wahl, holte der polnische Papst den in der Nähe von Brescia geborenen Kirchendiplomaten als «Assessor», als Vize-Innenminister" ins Staatssekretariat. 1987 wurde Re Sekretär der Bischofskongregation im Rang eines Erzbischofs. Aber schon zwei Jahre später kehrte er ins Staatssekretariat zurück, als Substitut - «Innenminister» - und damit als wichtigster Mann nach dem Kardinalstaatssekretär.

Im Jahr 2000 schließlich übernahm Re die Leitung der Bischofskongregation und wurde Kardinal. Damit war er als Personalchef der Kirche für zwei Drittel aller Bischofsernennungen zuständig - als mit Ausnahme der Missionsländer und der Ostkirchen. Manche sagen, Re wäre gerne noch Nachfolger von Angelo Sodano als Kardinalstaatssekretär geworden. Doch Benedikt XVI. entschied sich für einen eigenen Gefolgsmann: Tarcisio Bertone, seinen früheren Sekretär in der Glaubenskongregation.

Mit Ouellet rückt ein Kirchenmann von außen nach. Es gehört zum Führungsstil von Benedikt XVI., dass er nicht hochgediente Kurienfunktionäre, sondern lieber Kirchenleute aus großen Weltdiözesen mit römischen Leitungsaufgaben betraut. Acht Jahre lang hat Ouellet das schwierige kanadische Erzbistum Quebec geleitet. Freilich kennt er auch Rom und den Vatikan. Er war Professor an der Lateran-Universität, am Institut für Ehe und Familie. Er hat über den auch vom Papst geschätzten Theologen Hans Urs von Balthasar promoviert, war Redakteur in dessen Zeitschrift «Communio». Ab 2001 fungierte er zudem für ein Jahr als Sekretär im vatikanischen Einheitsrat: als Nachfolger von Kardinal Walter Kasper, als dieser zum Präsidenten und Kardinal aufstieg.

Ouellet kennt Rom, den Vatikan und die Kurie - ohne dass er damit ein Kurialer und allzu sehr mit kurialen Seilschaften vernetzt wäre. Bei seiner Wahl dürfte entscheidend gewesen sein, dass er die Weltkirche kennt. Der neue Präfekt spricht sechs Sprachen, ist vielgereist, hatte in aller Welt mit Bischöfen und Priestern zu tun. Ouellet war Generalrelator der jüngsten Bischofssynode und damit für deren inhaltliche Linie zuständig. Zudem gehört er dem Sulpizianerorden an, einer Gemeinschaft, die auf die Aus- und Weiterbildung von Priestern spezialisiert ist.

Mit Ouellets Berufung wird die Kurie einmal mehr internationaler. Die zentralen Ministerien sind längst nicht mehr eine Domäne der Italiener. Allerdings geben diese im Mittelbau und in den Arbeitsstäben weiter den Ton an - und den mediterranen Arbeitsstil vor.

Freilich war der Stab der Bischofskongregation schon in der Vergangenheit international geprägt: Res Vorgänger Bernardin Gantin (1922-2008) kam aus dem westafrikanischen Benin. Und da die Behörde auch keinen eigenen Immobilienbesitz hat, keine Bauaufträge vergibt und keine Geschäftsbeziehungen zu staatlichen Behörden, Banken oder Industriebetrieben unterhalten muss, ist sie auch weniger anfällig für das in Italien eingespielte Prinzip der gegenseitigen kleinen Gefälligkeiten - das andere Kurienbehörden mitunter ins Gerede bringt.