Die Ghanaer beten für ihre "Black Stars"

Wenn der Glaube Tore schießt

Ghana ist im Fußballfieber. Vor dem letzten Spiel führt das westafrikanische Land die WM-Gruppe D an - vor Deutschland. Und damit das auch nach der Begegnung der Favoriten am Mittwochabend so bleibt, machen die Ghanaer derzeit vor allem eins: beten für die "Black Stars". "Mit Gottes Gnade schaffen wir das und gewinnen gegen Deutschland", meint Philip Dyanmic und grinst.

Autor/in:
Katrin Gänsler
 (DR)

Der junge Mann wartet an der Ring Road in Ghanas Hauptstadt Accra auf Kundschaft. Sobald der dichte Verkehr ins Stocken gerät, springt er auf die Straße und bietet den wartenden Autofahrern alles an, was echte Fußballfans brauchen: Flaggen, Mützen, Vuvuzelas und kleine Wimpel in den Landesfarben Rot, Gelb und Grün. Doch dann kramt er noch etwas aus seiner Umhängetasche hervor: einen großen, transparenten Aufkleber. Christus als guter Hirte: ein Accessoire, das auf gar keinen Fall fehlen darf, findet Philip Dyanmic. Schließlich versetze Glaube nicht nur Berge, sondern lasse auch jede Menge Tore fallen.

"Wir haben viel gebetet"
Das kann George Appiah bestätigen. Der Taxifahrer sitzt ein paar Straßen weiter in seinem Opel und hört Radio, um ja kein WM-Tor zu verpassen. «Weißt du, weshalb wir so gut sind?», fragt er und gibt sich die Antwort selbst: «Wir haben schon vor der WM viel für unsere Spieler gebetet» - hochoffiziell in einem dreitägigen Gebetsmarathon vom 21. bis 23. Mai. Begonnen haben am Freitag die Muslime in den Moscheen; am Samstag waren die Adventisten dran und am Sonntag schließlich Katholiken, Protestanten und die Anhänger der unzähligen kleinen afrikanischen Kirchen.

Glaube an übernatürliche Kräfte
Als ein paar Tage später die Hiobsbotschaft eintraf, dass Mittelfeldspieler Michael Essien vom FC Chelsea verletzungsbedingt ausfällt, gab der in London lebende Prediger Lawrence Tetteh dem ghanaischen Team dennoch die Parole mit auf den Weg nach Südafrika: «Auch mit dem Ausfall von Essien darf Ghana ein Ziel nicht aus den Augen verlieren: Die 'Black Stars' müssen uns den Pokal bringen.»

Nicht nur die Gebete der Imame, Priester und Prediger sollen den Kickern zum Sieg verhelfen. Auf dem ganzen Kontinent ist der Glaube an übernatürliche Kräfte weit verbreitet - und seit eh und je Teil des Fußballs. Viele Mannschaften haben eigene Sangomas, Witch Doctors oder Fetisch-Priester, wie die Zaubermeister genannt werden. Ihnen wird viel Macht und Einfluss zugesprochen, und sie sind gefürchtet. So wurden etwa in Tansania vor einigen Jahren die Fußballstadien abgeschlossen, wenn am nächsten Tag ein wichtiges Spiel anstand. Die Angst, dass ein Witch Doctor unter dem Tor einen Fetisch verbuddelt und damit das gegnerische Team schwächen könnte, war zu groß.

Schwarze Magie ist nicht von Dauer
Auch der junge Straßenfußballer William Jackson aus Ghanas zweitgrößter Stadt Kumasi hat viele Geschichten rund um Fußball und Zauberei gehört. «Vor Spielen trauen sich Mannschaften oft nicht, einen bestimmten Weg zu gehen, weil den auch das gegnerische Team genommen hat. Und der könnte verzaubert sein.» Immer samstags und sonntags trifft sich William mit seinen Freunden, um auf einem alten Bolzplatz zu kicken. «Fetisch-Priester sagen dir etwa, dass du in einem bestimmten Wasser baden musst. Du darfst nicht auf der Seite schlafen, und sie geben dir etwas, was du um dein Bein binden sollst», sagt er und schüttelt den Kopf. «Ich glaube aber nicht daran. Schwarze Magie ist nicht von Dauer. Ich bete lieber zu Gott.» In eine Kirche geht er dafür freilich nicht. «Beten kann ich doch überall, auf der Straße, im Gehen oder auf dem Fußballplatz», sagt er und rennt zurück aufs Spielfeld, um Tore für Ghana zu schießen.