Franziskaner-Kustos Pizzaballa über die Zypern-Reise des Papstes

"Eine wichtige Weg-Etappe für die Kirchen des Nahen Ostens"

 (DR)



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Von Gabi Fröhlich (KNA)

Die schwierige Situation der Christen des Nahen Ostens und der Dialog mit der Orthodoxie standen im Zentrum des jüngsten Zypern-Besuchs von Papst Benedikt XVI. Eine wenig Aufsehen erregende, aber dennoch bedeutungsvolle Reise, findet Franziskaner-Kustos Pierbattista Pizzaballa im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der oberste Franziskaner im Heiligen Land ist auch zuständig für die westlich-katholische Kirche auf Zypern.

KNA: Pater Pierbattista, welche Bedeutung hatte die Papstreise nach Zypern für die Kirche der Region?

Pizzaballa: Es war eine wichtige Weg-Etappe: Benedikt XVI. hat ja mit den Kirchen des Nahen Ostens einen intensiven Weg eingeschlagen, angefangen mit seiner Heilig-Land-Reise im vergangenen Jahr bis zum Zielpunkt Nahost-Synode im Oktober. Zypern ist eine Art Brücke zwischen Nahem Osten und Europa. Wir haben dort viele typisch nahöstliche Aspekte - wenn die Probleme auch weniger ausgeprägt sind als in anderen Ländern. Etwa sind unsere kirchlichen Gemeinschaften sehr klein und fühlen sich oft zerbrechlich gegenüber großen Herausforderungen. Dem Dialog mit den orthodoxen Kirchen kommt in der ganzen Region große Bedeutung zu. So war diese Reise vielleicht weniger Aufsehen erregend, aber dennoch sehr wichtig.

KNA: Der ökumenische Dialog mit der orthodoxen Kirche Zyperns gilt allgemein als entspannt - aber im Vorfeld des Papstbesuchs gab es auf Zypern auch kritische Stimmen. War das noch zu spüren?

Pizzaballa: Überhaupt nicht. Eine gewisse Opposition gegen den Papstbesuch war natürlich legitim und auch zu erwarten - aber im Ganzen der zyprisch-orthodoxen Kirche hatte sie kaum Einfluss. Der Bischof von Limassol, Athanasios, der im Vorfeld mit besonders feindseligen Bemerkungen zitiert worden war, befand sich dann auch beim Empfang im Palais des orthodoxen Erzbischofs an der Seite des Papstes. Das zeigt, dass solche Kontroversen am Ende manchmal nicht das Gewicht haben, das man ihnen beimisst. Im Gegenteil war der Besuch sogar von außerordentlich herzlichen ökumenischen Gesten
geprägt: etwa das gemeinsame Vaterunser-Gebet am ersten Tag in Paphos. Oder die Tatsache, dass der orthodoxe Erzbischof bei der großen Sonntagsmesse auf das Presbyterium gestiegen ist, um den Papst zu grüßen. Wenn man die orthodoxen Empfindlichkeiten kennt, weiß man die Bedeutung solcher kleinen Gesten zu schätzen.

KNA: Erhoffen Sie sich davon positive Signale für den gesamten katholisch-orthodoxen Dialog?

Pizzaballa: Natürlich. Sicher ist uns bewusst, dass die orthodoxen Kirchen autokephal und damit selbstständig in ihren Entscheidungen sind. Das ist so eine Art Magma, das ständig in Bewegung ist. So gibt es vermutlich auch weiterhin Opposition, Schwierigkeiten und Unverständnis. Aber, und das hat uns der Zypern-Besuch des Papstes
gezeigt: Es gibt unter den Orthodoxen auch Kirchen, die den Mut haben, ihre Türen zu öffnen. Nach und nach können sie vielleicht einen Weg aufzeigen, der ökumenische Früchte trägt. Gleichzeitig brauchen wir weiter Geduld und dürfen nicht allzu schnelle Ergebnisse erwarten.

KNA: In den zyprischen Medien wurde der Papstbesuch weitgehend positiv aufgenommen. Allerdings hätten sich manche Kommentatoren stärkere politische Worte gegen die türkische Besatzung im Norden erhofft.

Pizzaballa: Die Medien haben eben eine andere Agenda als der Papst.
Es handelte sich um einen religiös-pastoralen Besuch. Der Heilige Vater hat die Themen Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung ganz grundsätzlich angesprochen. Die Medien langweilt das vielleicht, aber der Papst folgt seinen eigenen Grundsätzen. Sicher ist, dass ihn die politische Situation berührt hat: Er hat ja auf direkt auf der Demarkationslinie zwischen griechischem und türkischem Teil gewohnt. Dort konnte er die Situation der Spaltung praktisch mit Händen greifen.

KNA: Den Bischöfen des Nahen Ostens hat der Papst beim großen Abschlussgottesdienst das Arbeitspapier (Instrumentum laboris)für die Nahost-Synode im Oktober überreicht. Welche Hoffnungen verbinden Sie mit dem Treffen?

Pizzaballa: Ich wünsche mir sehr, dass die Synode ein echter Meilenstein wird. Für die Kirchen des Nahen Ostens gibt es ja wenige Gelegenheiten zusammenzukommen - wegen der Zerrissenheit unserer Region und der vielen Grenzschwierigkeiten. Nun können wir uns unter dem Patrozinium des Papstes zusammensetzen, um unsere Lage zu definieren und pastorale Richtlinien für die Zukunft zu entwerfen.
Ich hoffe, dass wir grundlegende Themen wie die Einheit und das Zeugnis leidenschaftlich angehen werden. Und dass die Synode den Kirchen des Nahen Ostens neuen Schwung gibt: nicht nur nach innen, sondern auch im christlichen Zeugnis gegenüber ihrer muslimischen und jüdischen Umwelt.

KNA: Im Arbeitspapier findet sich auch eine scharfe Verurteilung der Besatzung der palästinensischen Gebiete durch Israel. Sind von der Synode auch politische Signale zu erwarten?

Pizzaballa: Diese Verurteilung war schon deshalb unvermeidbar, weil der Großteil der Kirchen des Nahen Ostens arabisch ist. Sie spiegeln also den Blickwinkel der arabischen Völker wider. Gleichzeitig muss man aber auch sehen, dass in dem Papier auch sehr klare Worte über das Verhältnis zum Islam zu finden sind. Bei der Synode dürfen wir nicht bei simplen Rollenzuweisungen stehen bleiben, etwa: Israel gleich Besatzung oder Islam gleich Fanatismus. Ich gehe aber davon aus, dass die Synoden-Teilnehmer sich in ihren Analysen über die Mehrheitsgesellschaften im Nahen Osten um Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit bemühen werden. Und dass am Ende eine Perspektive für den Aufbau von etwas Positivem stehen wird.