Union weist Kritik der Sozialverbände an den Sparplänen zurück

"Reflexhafte Reaktionen"

Als "überzogen" und "reflexhaft" weist der CDU-Sozialpolitiker Karl Schiewerling die teilweise Kritik von Sozial- und Wohlfahrtsverbänden an den Sparmaßnahmen der Bundesregierung zurück. Der sozialpolitische Sprecher der Bundestags-Unionsfraktion warnt vor einer "ritualisierten" Debatte.

 (DR)

KNA: Herr Schiewerling, die Sozialverbänden bezeichnen die Sparpläne der Bundesregierung als ungerecht und unsozial. Von "Sparorgie" wird gesprochen, einem "Schlag ins Gesicht" der Arbeitslosen. Wie reagieren Sie darauf?
Schiewerling: Ich verstehe die Aufregung und achte die Sorge um die sozialen Probleme der Gesellschaft. Dennoch haben mich die unsachlichen und teilweise sehr reflexhaften Reaktionen der Sozialverbände verwundert und auch geärgert. Wenn der Deutsche Caritasverband schon zwei Stunden vor der Pressekonferenz der Bundeskanzlerin seine Erklärung veröffentlicht, ist das schon erstaunlich. Da wäre es besser, abzuwarten und genau hinzuschauen, was geplant ist, und differenziert zu kritisieren.

KNA: Sanieren auf den Schultern der Schwachen?
Schiewerling: Das sind Schlagworte. Klar ist, dass solide Staatsfinanzen ganz wesentlich auch den sozial Schwachen nutzen. Sozialpolitik darf doch nicht nur an der Summe des Geldes gemessen werden, sondern muss sich an der Effektivität der eingesetzten Mittel orientieren. Es muss also auch im Interesse der Sozialverbände sein, zu schauen, wo es sinnvoll sein kann zu sparen. Mir laufen manche Debatten auch in kirchlichen Verbänden zu ritualisiert ab. So kommen wir nicht weiter.

KNA: Die Einschnitte im Sozialhaushalt sind doch durchaus massiv?
Schiewerling: Sicher sind die Maßnahmen nicht angenehm, und mich stellt auch nicht alles zufrieden. Dazu gehört der Wegfall des befristeten Zuschlags, der bisher den Übergang zum Arbeitslosengeld II abgefedert hat. Geld ausgeben ist immer angenehmer, als es zu sparen. Aber wir sparen nicht blind. 700 Milliarden Euro werden im Sozialstaat insgesamt beitrags- und steuerfinanziert eingesetzt. Da kann ich bei einer Einsparsumme von 4,3 Milliarden Euro nicht von einem sozialen Kahlschlag sprechen. Die niedrigen Einkommensgruppen, Kindergärtnerinnen, Facharbeiter, Friseurinnen werden eben nicht belastet. Der Sozialetat umfasst die Hälfte des gesamten Bundeshaushalt. Es ist also klar, dass der Posten nicht geschont werden kann. Er beteiligt sich an der Konsolidierung der Finanzen mit einem Drittel, das ist angemessen.

KNA: Die Caritas nennt die Maßnahmen in der Rentenversicherung "nicht akzeptabel". Die Diakonie beklagt, die Maßnahmen befördern eine neue Armut?
Schiewerling: Das bewerte ich anders, die Maßnahmen bringen keinen in Armut. Die Kürzungen bei den Arbeitsmarktmaßnahmen sind eine Anpassung auf das Niveau von vor der Krise. Die Arbeitslosigkeit sinkt, also können wir auch bei den Maßnahmen sparen. Wir können den Menschen besser helfen, wenn wir die Instrumente neu justieren, über Zielvereinbarungen gestalten und Bürokratie abbauen. Die Kürzung bei den Rentenbeiträgen belasten im Wesentlichen die Rentenkassen, aber nicht die Rentner. Dennoch ist diese Entwicklung besorgniserregend.

KNA: Es sei ein "schwarzer Montag" für die Familien gewesen, erklärt der Familienbund der Katholiken?
Schiewerling: Die Kritik ist überzogen. Richtig ist, das Hartz-IV-Empfänger, die arbeiten gehen und aufstocken, auch das Elterngeld weiter beziehen können. Nur denjenigen, die das nicht tun, wird der Zuschuss gestrichen, da der Steuerzahler bereits mit dem Arbeitslosengeld II für die Lebensgrundlage sorgt. Das ist insofern folgerichtig, da das Elterngeld eine Lohnersatzleistung darstellt. Ich weiß, dass das hart ist. Aber wir werden im Herbst mehr Mittel für Bildung für Kinder beschließen.

Das Gespräch führte Volker Resing.