"Lobpreiset den Herrn" und "Jesus ist mein Fels" sagt sie, als sie vor die Besucher tritt - und lacht über das ganze Gesicht. Hagen will aus ihren autobiografischen "Bekenntnissen" lesen. Aber zunächst erzählt sie vom Ökumenischen Kirchentag in München, der "so wunderschön" war, denn, "so viele Christen auf einem Berg habe ich ja noch nie gesehen". Bernhard Meuser, der Leiter des Pattloch-Verlags, in dem ihr Buch erschienen ist, führt Nina Hagen durch ihre bisherige Lebensgeschichte. Die beginnt in einem eindeutig atheistischen Umfeld: "Das kannste laut sagen, aber hallo!"
Doch schon als Achtjährige habe sie sich auf die Suche nach Jesus gemacht, sagt Hagen, die im schwarzem Kleidchen und hochhackigen Stiefeletten, orientalische Blümchen im Haar, zur Lesung erschienen ist. Bei ihren Nachforschungen in Sachen Jesus nutzt sie Mittel wie das "Gott-Testen" durch Gotteslästerung, LSD-Trips und große Mengen Kokain. Und eines Tages habe sie Gott gesehen, während einer Nahtod-Erfahrung. Skeptikern ruft sie zu: "Das könnt ihr ruhig googeln. Es gibt viele, die solche Erlebnisse hatten." Nina Hagen erzählt ohne jeden theologischen Schnörkel, wie sie nach stundenlangem Beten erlebt hat, wie "die göttliche Rettungspost abgeht".
"Ich habe das nicht gewusst, dass sie immer nach Gott gesucht hat", wundert sich Christine Hahn nach dem Abend. Sie war und ist eine Bewunderin der Sängerin: "Sie ist eine Wahrheits-Ikone." Franziska Bader ist ebenfalls voller Bewunderung: "Eine faszinierende Persönlichkeit", schwärmt sie. Dass Nina Hagen Drogen genommen hat, findet sie nicht verwerflich. "Ist doch toll, welche Kraft sie hat, da wieder herauszukommen."
Vor ein paar Jahren sei ein solcher Auftritt von Nina Hagen undenkbar gewesen, sagt Verlagsleiter Meuser. Doch als sie sich noch im "Lügenreich der indischen Götzenanbeter" befand, habe Jesus Christus "Sturm bei ihr geklingelt", sagt die Rocksängerin, die vor zehn Jahren Indien und den Hinduismus als ihre zweite Heimat bezeichnete und mit Räucherstäbchen auf der Bühne stand. Ihre neue CD, die in vier Wochen erscheint, soll "Personal Jesus" heißen und eine Gospelplatte sein.
Man gewinnt an dem Abend in Friedberg den Eindruck, dass Nina Hagen ein wenig von dem Bunten, Schrillen und Blumenbekränzten ihres damaligen Glaubens in ihr neues Halleluja mit hinübergenommen hat. Sie bleibt auch als Christin überraschend, wettert gegen Atomkraft, George Bush und die Todesstrafe und fragt plötzlich, was eigentlich aus dem Christentum geworden wäre, wenn es zu Jesu Zeiten die Todesstrafe nicht gegeben hätte. "Ja, solche Gedanken mache ich mir." Die Zuhörer bleiben dabei nachdenklich verwirrt zurück.
Nina Hagen auf Buch-Tournee
Wenn die "göttliche Rettungspost" abgeht
Nina Hagen verkündet das Christentum - schonungslos. Im vergangenen Jahr hat sie sich in einer evangelisch-reformierten Kirche taufen lassen, jetzt sei die 55-Jährige "auf einem neuen Weg", sagt ihr Manager Alex Grob. In der voll besetzen St. Jakobskirche in Friedberg bei Augsburg lieferte sie nun den Beweis.
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