Der Nachrichtendienst CND lebte für kurze Zeit eine ökumenischen Idee vor

Seiner Zeit voraus

Wenn ab Mittwoch der 2. Ökumenische Kirchentag stattfindet, fehlt eine Nachrichten-Agentur, die über dieses Ereignis berichten könnte - der "Christliche Nachrichten-Dienst". Im Geiste echter Ökumene brachte es der CND bis 1953 zu beachtlicher Wirksamkeit.

Autor/in:
Norbert Stahl
 (DR)

Begründet wurde der Dienst 1946 vom Mitherausgeber der "Süddeutschen Zeitung", Alfred Schwingenstein. Erster Leitender Redakteur des CND war Gunthar Lehner, der spätere Programmdirektor des Bayerischen Rundfunks. Der heute 92-Jährige spricht im Rückblick von einem "idealistischen Versuch". Herausgeber und Journalisten seien ihrer Zeit damals weit vorausgeeilt. Schwingensteins Idee speiste sich aus denselben Quellen wie die Gründung der Unionsparteien: den Erfahrungen katholischer wie evangelischer Christen, die während der Nazizeit gemeinsam Verfolgung erlitten hatten und darüber zusammenfanden.

Konkurrenz schreckte Schwingenstein nicht. 1947 wurde der 1910 ins Leben gerufene "Evangelische Pressedienst" (epd) wiederbegründet. Etwas später als der CND trat von Koblenz aus der katholische "Kirchliche Nachrichtendienst" auf den Plan. Der junge Verleger und ehemalige Münchner Diözesanjugendführer richtete sein Medium weiterhin überkonfessionell und kirchenunabhängig aus.

Am 25. Mai 1946 erteilte die US-Militärregierung die Lizenz. Ab 1. September erschienen wöchentlich Nachrichten aus der christlichen Welt unter dem Titel "Der Überblick". Ab 3. August 1948 versorgte der CND Presse und Funk täglich mit aktuellen Neuigkeiten.

Meldungen von eigenen Mitarbeiter
Die Meldungen stammten in erster Linie von eigenen Mitarbeitern. In Deutschland entstand ein Netz von 60 Korrespondenten. Feste Mitarbeiter gab es auch in Metropolen wie Rom, Genf und London. Außerdem unterhielt die Agentur mit 17 anderen kirchlichen Nachrichtendiensten im Ausland Austauschbeziehungen, ebenso mit Radio Vatikan und der britischen BBC. Ein eigener Dolmetscherstab wertete alle größeren Organe der Weltpresse aus. In Frankfurt am Main, Freiburg, Hamburg und Köln wurden Regionalbüros errichtet.

Schwingenstein genoss das Vertrauen hochrangiger kirchlicher Würdenträger. Dazu zählten nicht nur der Münchner Kardinal Michael von Faulhaber, sondern auch Papst Pius XII., der vor dem Krieg zeitweise Nuntius in München gewesen war. Dieser direkte Draht erschloss Top-Quellen, verschaffte dem CND aber nicht nur Freunde im katholischen Deutschland. Als der Dienst, ermächtigt durch Faulhaber, exklusiv einen römischen Plan zur Neueinteilung der deutschen Diözesen veröffentlichte, löste dies unter den anderen Bischöfen gehörige Irritationen aus.

Schwingenstein wollte die öffentliche Meinung planmäßig mit christlichem Gedankengut durchdringen. Die Nachrichtengebung, gewonnen durch unabhängige Journalisten, sah er als Schlüssel dazu an. Solange der CND erschien, finanzierte er sich allein durch die Abonnementgebühren seiner Kunden.

Das Ende des CND hatte verschiedene Gründe
Verschiedene Gründe führten zum Ende des CND. Mit der Währungsreform geriet schon 1948 das wirtschaftliche Fundament ins Wanken. Einer Reihe von Angestellten musste gekündigt werden, Büroetats wurden gesenkt, notwendige Reisen und Telefonate eingeschränkt. Der Sparkurs rührte an die Substanz des Unternehmens. Es erholte sich nicht mehr davon.

1952 bestellte der Vertreter der deutschen Bischöfe bei der Bundesregierung in Bonn, Prälat Wilhelm Böhler, Schwingenstein zu einem Gespräch ein. Es endete mit dem Satz Böhlers: "Der CND wird solange bestehen, solange er meine Politik macht." Diese Auffassung widersprach Schwingensteins klassischer Vorstellung von Journalismus. Der Münchner sah aber nun keine Zukunft mehr für sein Projekt und bot es dem Prälaten zum Kauf an.

Die Transaktion kam zustande. Damit schlug die Geburtsstunde der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Sie und der epd werden in getrennten Diensten über den 2. ÖKT berichten, nicht aber der CND. Dessen einstiger erster Journalist Gunthar Lehner glaubt indes immer noch, dass es heute Christen beider Konfessionen nutzen würde, verfügten sie "über ein überzeugendes und einflussreiches gemeinsames Organ".