ARD-Porträt über den Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu

"Ich bin froh, dass ich nicht Gott bin"

Desmond Tutu ist eine weltweit gefragte Persönlichkeit. Der Terminkalender des Friedensnobelpreisträgers und früheren anglikanischen Erzbischofs von Kapstadt gleiche dem eines Managers, erzählt die NDR-Redakteurin Rita Knobel-Ulrich. Ihr Porträt Tutus zeigt die ARD heute um 17.30 Uhr.

Autor/in:
Heide-Marie Göbbel
 (DR)

Sie begleitete den fast 80-Jährigen von Oktober bis Dezember 2009 durch Kapstadt und zur Klimakonferenz nach Kopenhagen. Dabei kam sie seiner Familie und seinen Mitarbeitern ungewöhnlich nahe. Das bunte und eindrucksvolle Porträt des populären südafrikanischen Religionsführers ist am Sonntag um 17.30 Uhr in der ARD-Reihe «Gott und die Welt» unter dem Titel «Der rasende Bischof. Desmond Tutus Unruhestand» zu sehen.

Das Filmteam trifft den «rasenden Bischof» bereits auf dem Flughafen. Er kommt gerade von einem Treffen mit US-Präsident Barack Obama und führt dem deutschen Fernsehen stolz seine Prinz-Heinrich-Mütze vor. Er habe sie sich von dem früheren Kanzler Helmut Schmidt abgeguckt. «Demnächst fährt er zur Weltklimakonferenz nach Kopenhagen», listet die Autorin auf, «dann in den Nahen Osten und später nach London zu einer Kirchenkonferenz.» Und dann ist da noch die Fußballweltmeisterschaft in Südafrika, die Tutu als eine ganz besondere Chance für das Land ansieht.

An der Universität, begeistert empfangen von den Studenten, vertritt Tutu seine eigenen Ansichten über die Globalisierung: «Wir sollten miteinander umgehen wie in einer guten Familie: jeder nach seinen Fähigkeiten und jedem nach seinen Bedürfnissen». Eine Studentin meint strahlend, dass sie sich ein Leben lang an die Begegnung mit Bischof Tutu erinnern werde. Und ein Kommilitone bestätigt, ein Mann wie Tutu mache ihm Hoffnung auf ein besseres Afrika.

Anderntags kurz nach Sonnenaufgang feiert der frühere Erzbischof Gottesdienst mit Freunden, die ihn in seinem Kampf gegen die Apartheid unterstützt hatten. Tutu forderte damals von den Weißen das Ende der Rassentrennung, von den Schwarzen Geduld und eine friedliche Lösung. Für sein unermüdliches Engagement bekam er 1984 den Friedensnobelpreis.

Tutus Haus am Rand von Kapstadt ist umzäunt. Kriminalität und Gewalt, die großen Unterschiede zwischen Arm und Reich machten das notwendig. Tutu führt das Filmteam in sein Arbeitszimmer und zeigt ihm die Fotos seiner vier Kinder und zehn Enkel. Hier sei der Platz, an dem er jeden Morgen mit Gott spreche und zur Ruhe komme. Oft werde er gefragt, ob er nicht zweifle, wenn er das Elend um sich herum sehe. Der Bischof verneint und antwortet lachend: «Ich bin froh, dass ich nicht Gott bin.»

Das Ehepaar Tutu ist ein eingespieltes Team. Sie habe vor 54 Jahren einen dünnen jungen Lehrer geheiratet, erzählt seine Frau Leah lachend beim Tee. Und sie habe ihn dann mit viel Mühe in einen Erzbischof und Nobelpreisträger verwandelt. Der Bischof erzählt, dass sie an seiner Seite über viele Jahrzehnte ein hartes Leben führen musste. Das Regime habe immer versucht, ihr und der Familie das Leben schwer zu machen.

Ein Ausflug auf die Gefängnisinsel Robben Island erinnert an die dunklen Zeiten. Dort wurden Nelson Mandela und weitere Führer des Afrikanischen Nationalkongresses ANC gefangen gehalten. «Aber einen so berühmten Mann wie Bischof Desmond Tutu zu inhaftieren, hätte das ganze Gebäude von der angeblich gottgewollten Rassentrennung ins Wanken gebracht», meint die Filmemacherin. 1994, als Mandela der erste schwarze Präsident wurde, habe Tutu als Vorsitzender der Versöhnungskommission dafür gesorgt, dass Südafrika nicht in einem Blutbad unterging.

Die Menschen in Südafrika sind Tutu auch heute noch dankbar, dass er sich für ein besseres Miteinander von Schwarz und Weiß einsetzt. Sie zeigen ihm ihren Respekt und ihre Verehrung auf Schritt und Tritt, wie die Reportage zeigt. Zwar sei er nicht gerade das, was man sich unter einem würdigen Erzbischof vorstelle, meint ein Chormitglied.
Doch es sei schön, dass heute schwarze und weiße Kinder gemeinsam afrikanische Lieder singen.

Hinweis: «Gott und die Welt: Der rasende Bischof. Desmond Tutus Unruhestand» Reportage von Rita Knobel-Ulrich. ARD, So 2.5. 17.30 - 18.00 Uhr.