Die EU-Innenminister hatten sich Ende 2008 darauf verständigt, es sollten 10.000 Irak-Flüchtlinge aus Lagern etwa in Syrien oder Jordanien in der EU eine neue Heimat finden. Nach Angaben des UNHCR kamen bis Jahresende 2009 gerade mal ein Drittel davon. Nach Angaben der EU-Kommission sind es 4.240. In jedem Fall: Bei weitem nicht so viele, wie ursprünglich zugesagt.
Deutschland ist trotzdem Musterschüler. Zugesagt war von Bundes- und Länderinnenministern die Aufnahme von 2.500 Flüchtlingen. Laut den jüngsten Angaben des Bundesinnenministeriums sind bislang 2.200 von ihnen eingetroffen, die restlichen 300 sollten bis Ende April folgen. Bei den anderen EU-Staaten blieb es dagegen offenbar bei eher verhaltenen Reaktionen. Laut UNHCR nahmen nur 11 der 27 EU-Staaten überhaupt Irak-Flüchtlinge über das Neuansiedlungsprogramm auf.
Frankreich gerade mal 23 Flüchtlinge
Unter den großen EU-Staaten hat - neben Deutschland - nach UNHCR-Angaben nur Großbritannien Flüchtlinge in nennenswerter Zahl aufgenommen, nämlich 580. Frankreich dagegen habe gerade einmal 23 Irak-Flüchtlinge aufgenommen. Auch Italien mit 124 Flüchtlingen landet in der UNHCR-Statistik auf den hinteren Rängen. Die EU-Kommission ihrerseits wollte keine Angaben darüber machen, welche Staaten wie viele Iraker aufgenommen haben. EU-Kommissionssprecher Michele Cercone verwies allerdings darauf, dass Frankreich und Italien für das laufende Jahr die Aufnahme von Irakern und Palästinensern zugesagt hätten.
Um die Aufnahme der Irak-Flüchtlinge hatte es monatelanges politisches Tauziehen in der EU gegeben. Zunächst hatten die Kirchen und kirchliche Hilfswerke die Not vor allem der christlichen Flüchtlinge zum Thema gemacht. Sie könnten einerseits nicht in ihre Heimat zurückkehren, sie seien aber andererseits in den Gastländern auch nicht willkommen. Auf rund 60.000 Menschen in den Lagern in Syrien und Jordanien schätzte das UNHCR die Zahl solcher Flüchtlinge, die nicht in den Irak heimkehren können. Einen Großteil davon nehmen allerdings die USA und Kanada auf.
Die EU entsandte dennoch zunächst einmal Experten in den Irak. Sie reagierte damit auf Bedenken der irakischen Seite. Diese hatte versprochen, die Sicherheitslage so zu verbessern, dass auch Christen gefahrlos zurückkehren könnten. Im November 2008 kam es dann aber doch zu der Empfehlung der Innenminister, "besonders bedrohte" irakische Flüchtlinge in den EU-Staaten aufzunehmen, und zwar "bis zu 10.000". Unter den besonders bedrohten Flüchtlingen befinden sich vor allem Angehörige religiöser Minderheiten, darunter besonders Christen.
Trotzdem Fortschritt
Trotz der enttäuschenden Zahlen sieht das UN-Flüchtlingshilfswerk Fortschritte durch die Neuansiedlungs-Hilfe der EU für Iraker. Denn gegenüber 2008 mit damals 981 neuangesiedelten Irak-Flüchtlingen habe sich die Zahl der Aufgenommenen mehr als verdreifacht.
Auffällig ist, dass sich die neuen EU-Staaten im vergangenen Jahr nach UNHCR-Angaben nicht an der Aufnahme von Irak-Flüchtlingen beteiligten. Neben Deutschland und Großbritannien waren vor allem die Schweden mit 536 Flüchtlingen in nennenswerter Zahl beteiligt. Finnland nahm 266, die Niederlande 90 Iraker auf. Nur wenige Flüchtlinge aus dem Irak konnten in Belgien (42), Luxemburg (28), Dänemark (26), Frankreich (23) und Irland (7) eine neue Heimat finden.
Die EU-Kommission zeigte sich zuversichtlich, dass die Zahl von 10.000 Neuansiedlungen von Irak-Flüchtlingen "in den Jahren 2010/2011" noch erreicht werden könne. Womöglich könnte es ohnehin für künftige Fälle mehr Großzügigkeit der EU bei der Neuaufnahme von Flüchtlingen geben: Die EU-Kommission schlug im vergangenen Herbst vor, mit finanziellen Anreizen die 27 Mitgliedstaaten dazu zu bringen, mehr Flüchtlinge von außerhalb der EU dauerhaft aufzunehmen. Die Festlegung auf Zahlen bleibt aber in jedem Fall Sache der EU-Staaten.
Weniger Iraker als erwartet aufgenommen - in Deutschland mehr als in anderen EU-Ländern
Trotzdem Musterschüler
EU-Kommission und UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR liefern unterschiedliche Zahlen. Das Ergebnis ist aber gleich: Die EU nahm im vergangenen Jahr weitaus weniger besonders bedrohte Flüchtlinge aus dem Irak auf als ursprünglich versprochen. Deutschland ist trotzdem Musterschüler.
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