Warum der Papst keine Athleten zu den Winterspielen schickt

Olympia ohne Vatikan

Nach dem päpstlichen Wappen hält man in Vancouver vergeblich Ausschau. Athleten aus dem Vatikan gehen bei den 21. Olympischen Winterspielen, die am Freitag in der kanadischen Stadt beginnen, nicht an den Start. Fehlende Sport begeisterung des Papstes ist nicht der Grund.

Autor/in:
Thomas Jansen
 (DR)

Dass der Kirchenstaat mit einer Einwohnerzahl in der Größenordnung der US-amerikanischen Olympia-Mannschaft kaum über ein ausreichend großes Reservoir sportlicher Talente verfügen kann, liegt auf der Hand. Daran ändert auch der regelmäßige Hinweis auf die gute Kondition und die herausragenden Wintersportqualitäten mancher Schweizer Gardisten wenig.Angebote auswärtiger Sportler für den Papst auf die Piste zu gehen, hat es nach Angaben des Laienrates bislang noch nicht gegeben. Berühmtestes Vorbild für ein solches Modell wäre der Skifahrer Marc Girardelli. Der gebürtige Österreicher bot in den 80er Jahren einem anderen Zwergstaat, Luxemburg, seine sportlichen Dienste an und katapultierte das Herzogtum dadurch im Medaillenspiegel in ungeahnte Höhen.

Doch dem Vatikan geht es um mehr als olympisches Edelmetall. Der Sport könne einen wirkungsvollen Beitrag zu einer friedlichen Völkerverständigung leisten und eine neue Zivilisation der Liebe begründen, schrieb das Kirchenoberhaupt in seiner Grußbotschaft zu den Winterspielen in Vancouver. Er zitierte seinen Vorgänger Johannes Paul II. (1978-2005), der ein begeisterter Skifahrer war.

Diese besondere Wertschätzung äußerte sich auch 2004 in der Einrichtung einer eigenen Unterabteilung für Sport im päpstlichen Laienrat, der für dieses Aufgabenfeld zuständig ist. 2008 berief Benedikt XVI. den Mainzer Sportwissenschaftler Norbert Müller in den päpstlichen Laienrat.

"Heimkehr ins Paradies?"
Die bedeutende Rolle, die der Sport im theologischen Denken und kirchlichen Wirken von Papst Benedikt XVI. spielt, hob kürzlich der Sekretär des päpstlichen Laienrates, Bischof Josef Clemens, in einem Vortrag in einer römischen Universität hervor. Als "ein Heraustreten aus dem versklavenden Ernst des Alltags", beschrieb Joseph Ratzinger als Münchener Kardinal den Sport anlässlich der Fußballweltmeisterschaft in Argentinien 1978. Es gehe im Sport stattdessen um einen "freien Ernst", für das "was nicht sein muss und gerade darum schön ist". "Heimkehr ins Paradies?" ist diese Rede Ratzingers überschrieben. Der Weg dorthin muss nicht unbedingt über Vancouver führen.

Pierre de Coubertin, der die Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 ins Leben rief, bemühte sich von Anfang an um gute Beziehungen zur katholischen Kirche. Die Idee für sein berühmtes olympisches Motto "Schneller, höher, weiter" stammt von einem französischen Dominikanerpater. Henri Didon, ein Bekannter de Coubertins und Rektor der katholischen Schule von Arcueil, hatte diese Parole in Latein auf das Wimpel des Schulsportvereins sticken lassen. Acht Jahre nach den ersten olympischen Spielen der Neuzeit in Athen, im Jahr 1904, traf de Coubertin mit Papst Pius X.(1903-1914) zusammen.

Verurteilung des Dopings
Gleichwohl zeichneten sich auch schon früh mögliche Gegensätze zwischen der olympischen Idee des Jesuitenschülers de Coubertin und dem katholischen Menschenbild ab. In der "Religion der Muskelkraft", die der Franzose mit eindringlichen Worten beschwor, war kaum Platz für die Verlierer und Schwachen, denen die besondere Fürsorge der Kirche gilt. Dass zumindest die Gefahr, den Leistungsgedanken im Sport zu verabsolutieren, weiterhin besteht, machte Benedikt XVI. mit seiner entschiedenen Verurteilung des Dopings Ende vergangenen Jahres deutlich.

Der italienischen Presse gelang es unterdessen doch noch eine Schneise vom Vatikan nach Olympia zu schlagen. Von den "Olympischen Winterspielen des Vatikan", sprach unlängst die Zeitung "Corriere dello Sport". Gemeint war allerdings ein Skiwettbewerb für Priester und Seminaristen - nicht in Vancouver sondern im mittelitalienischen Sestola.