US-Waffenfirma zieht Bibelzitate auf Zielfernrohren zurück

Unheilige Allianz

Es ist eine dieser surrealen Geschichten aus den Kriegen dieser Welt. Blickte ein US-amerikanischer Soldat während einer Gefechtspause in Afghanistan oder dem Irak auf sein Gewehr, dann konnte er sich bisweilen zur Bibellektüre bemüßigt fühlen. Auf den Zielfernrohren zahlreicher Präzisionsgewehre des US-Herstellers Trijicon waren Verweise auf Bibelziate eingraviert. Das ist nun vorbei.

Autor/in:
Ronald Gerste
 (DR)

Seit mehr als zwei Jahrzehnten pflegt die Waffenschmiede aus Wixom im Bundesstaat Michigan den Brauch, ihre Produkte mit einem eingravierten Hinweis auf ein Bibelzitat zu versehen. «Wir glauben, dass Amerika groß ist, wenn seine Menschen gut sind. Dieses 'gut sein' war durch unsere Geschichte hindurch auf biblischen Wertvorstellungen begründet. Wir strengen uns an, diesen christlichen Moralvorstellungen gerecht zu werden», heißt es dazu mit entsprechendem Pathos auf der Website des Unternehmens. «JN 8:12» meint folglich einen Vers aus dem 8. Kapitel des Johannesevangeliums: «Als Jesus ein andermal zu ihnen redete, sagte er: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.»

Proteste aus Politik und Gesellschaft
Nach Protesten aus Politik und Gesellschaft droht der von Firmengründer Glyn Bindon eingeführten Tradition nun ein empfindlicher Bruch - zumindest was die seit 1995 bestehenden geschäftlichen Beziehungen mit dem US-Militär angeht. Offenbar übte das Verteidigungsministerium Druck auf den Hersteller aus, die Zitate zu entfernen. Schließlich sieht die Verfassung eine Trennung von Staat und Kirche vor. Ein weiteres Argument: In die Konflikte im Nahen und Mittleren Osten ziehen auch jüdische, islamische und nicht-gläubige Soldaten, die sich durch dieses besondere Produktmerkmal in ihren religiösen Ansichten verletzt fühlen könnten.

Und so schickte Trijicon vor wenigen Tagen den US-Streitkräften einhundert Reparatur-Kits, mit denen die Gravuren aus bereits im Einsatz befindlichen Zielfernrohren entfernt werden können. Zugleich kündigte das Unternehmen an, künftig in diesem Segment von den umstrittenen Schriftzügen abzusehen und auch anderen Armeen die Entfernung der Codes anzubieten. Es geht um viel Geld. Allein mit den US-Marines hat die Firma einen Vertrag in Höhe von 600 Millionen US-Dollar abgeschlossen. «Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium», betonte der Sohn und Nachfolger des Firmengründers, Stephen Bindon. Die über 250 Mitarbeiter von Trijicon stünden auch künftig für Aufträge jederzeit bereit.

Waffen als «Jesus Rifles»
Bleibt die Frage, warum die Bibelzitate erst jetzt für Aufsehen sorgten. Manche Beobachter sehen darin einen Hinweis auf einen in den US-Streitkräften weit verbreiteten christlichen Fundamentalismus. So wies Rüstungsexperte Michael Weinstein in einem Interview des Fernsehsender ABC auf Berichte von Soldaten hin, nach denen ihre Kommandeure die Waffen als «Jesus Rifles» bezeichneten, die ihren Anwendern einen besonderen Schutz böten.

Unterdessen wird in zahlreichen Internetforen, in denen im Gegensatz zu den etablierten Medien die Gesetze politischer Korrektheit eher selten greifen, Unverständnis über die Entscheidung von Pentagon und Hersteller geäußert. Dabei geraten vor allem selbst ernannte islamische Gotteskrieger ins Visier. «Was rufen Extremisten, bevor sie sich und andere in die Luft sprengen? - Allahu Akbar!», zitiert das National Public Radio einen Blogger. «Wenn also jemand Religion ins Spiel bringt, sind die es!»