Käßmann: Verantwortlichen fehlt Strategie für Frieden

Debatte geht weiter

Die evangelische Bischöfin Margot Käßmann verschärft ihre Kritik am Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan. Eine Woche vor der Internationalen Afghanistan-Konferenz in London warf sie den politisch Verantwortlichen Konzeptlosigkeit vor. Unterstützung erfährt Käßmann von den Oppositionsparteien im Bundestag.

 (DR)

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zeigte sich in einem Interview mit dem Magazin «Stern» verwundert über die überparteiliche Ablehnung ihrer bisherigen Äußerungen. Die Verantwortlichen hätten «keine klare Strategie für den Frieden in Afghanistan» und wüssten dabei genau, «dass die große Mehrheit der Bevölkerung den Einsatz dort ablehnt», sagte sie.

Käßmann verteidigte ihre kritischen Äußerungen erneut auch gegen innerkirchlichen Widerspruch. «Wir brauchen Menschen, die gegen Gewalt und Krieg aufbegehren», sagte sie. Es sei «ganz klar die Aufgabe der Kirche zum Frieden aufzurufen. Als Christen können wir nicht vom gerechten Krieg reden».

Die heftige Debatte nach ihren kritischen Worten zum Afghanistaneinsatz hat Käßmann nach eigenen Worten vollkommen überrascht. «Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass meine Predigt solche Reaktionen auslöst», sagte die Ratsvorsitzende. Die 51-Jährige hatte im Neujahrsgottesdienst in der Dresdener Frauenkirche den deutschen Einsatz kritisiert («Nichts ist gut in Afghanistan») und wird seitdem teilweise heftig attackiert.

Gysi im Bundestag: Umgang mit Käßmann skandalös
Die Kontroverse um die Afghanistan-Äußerungen von Bischöfin Margot Käßmann sind am Mittwoch auch im Bundestag zur Sprache gekommen. Der Umgang mit der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) habe ihn entsetzt, sagte der Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, in der Generaldebatte zum Etat des Kanzleramts. Wenn sich eine führende Kraft einer christlichen Kirche nicht mehr für den Frieden engagieren dürfe, ohne massiv in die Kritik zu geraten, sei das ein «einzigartiger Skandal».

Ralf Fücks (Grüne), Reinhold Robbe (SPD), aber auch Politiker der Union seien auf eine Art und Weise über Käßmann «hergefallen, wie man es nicht für möglich gehalten hätte», so Gysi. Der SPD-Außenpolitiker Hans-Ulrich Klose habe seine Kritik an der Bischöfin damit begründet, dass bei einem Abzug der Nato-Truppen binnen neun Wochen in Afghanistan wieder die Taliban an der Macht wären. Dann frage er sich, so der Linken-Politiker unter anhaltendem Beifall seiner Fraktion, was die westlichen Truppen neun Jahre in dem Land gemacht hätten. Gysi hatte Käßmann bei einem Bühnengespräch am Sonntag in Berlin bereits ermuntert, immer wieder Politiker, ihn eingeschlossen, «kräftig zu nerven».