Sektkellereien erwarten gutes Silvestergeschäft

Auch im Krisenjahr 2009 wird kräftig angestoßen

Alljährlich stoßen die Deutschen mit dem Schaumwein auf das neue Jahr an, groben Schätzungen zufolge werden in der Bundesrepublik in der Silvesternacht etwa 40 Millionen Flaschen Sekt geköpft. Selbst in Zeiten der Wirtschaftskrise sieht alles danach aus, dass an dieser Tradition nicht gespart wird. Während die meisten Branchen in diesem Jahr darben, blickt die Sektindustrie optimistisch auf ihren Saisonhöhepunkt um die Feiertage.

 (DR)

Sekt-Experte Eberhard Kaiser gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn er von dem edlen Tropfen erzählt, mit dem er auf das neue Jahr anstoßen wird: Ein frischer und mineralischer Riesling sei der «Kessler Kreation Riesling brut», Jahrgang 2007, von einem württembergischen Hang, der Esslinger Steillage am «Schenkenberg». «Wenn das neue Jahr so gut wird wie dieser Sekt, dann kann nichts schief gehen.», sagt Kaiser, der bei Kessler, der ältesten deutschen Sektmanufaktur, arbeitet. Für das Württemberger Unternehmen ist wie für alle Sektkellereien im Dezember Hochsaison.

Dass die Sekthersteller das Krisenjahr gelassen sehen, hat zwei Gründe. Zum einen unterlag die Branche bereits in den vergangenen zehn Jahren einem tiefgreifenden Wandel. «1994 trank jeder Deutsche im Durchschnitt 5,1 Liter Schaumwein pro Jahr», sagt Kaiser. 2008 waren es nur noch 3,9 Liter jährlich. Zudem kauften die Verbraucher über viele Jahre billigeren Sekt. 1998 entfielen zwölf Prozent der Verkäufe auf Premiumprodukte, 2008 waren es nur noch knapp über vier Prozent.

Die veränderten Konsumgewohnheiten sind auch an den Kellereien nicht spurlos vorbei gegangen. Viele Traditionsmarken wurden aufgekauft oder verschwanden. «Die Sekthersteller haben nach einem Boom zur Jahrtausendwende einige schwierige Jahre hinter sich, verzeichnen aber seit 2006 wieder ein leichtes Wachstum», resümiert Kaiser.

Zum anderen ist die Sektbranche im Krisenjahr bisher von Umsatzeinbrüchen verschont geblieben. André Beron, der beim Marktforschungsinstitut GfK für den Schaumweinmarkt zuständig ist, hat ermittelt, dass in Gaststätten und Restaurants zwar bis zu ein Drittel weniger Sekt verkauft wird. Allerdings blieben die Menschen gleichzeitig häufiger zu Hause und machten es sich dort gemütlich - auch mal mit einer Flasche Sekt. Im Krisenjahr ist die Branche deshalb gewachsen.

Bis Oktober hat der Sektmarkt um sechs Prozent zugelegt, wie Ralf Peter Müller, Geschäftsführer beim Verband Deutscher Sektkellereien, sagt. Die Voraussetzungen für die Hauptsaison zum Jahresende, in der 20 Prozent des Jahresumsatzes erzielt werden, sind also gut. «Alle sprechen von Krise, aber es scheint, dass die Menschen nicht vergessen zu leben.»

Anders als der Maschinenbau ist die Sektbranche kaum vom Export abhängig. Von den rund 360 Millionen Flaschen Sekt, die 2008 in Deutschland produziert wurden, gingen lediglich 20 Millionen ins Ausland. Insgesamt kauften die deutschen Verbraucher 425 Millionen Flaschen - damit ist die Bundesrepublik laut Müller sowohl bei der Produktion als auch beim Konsum Weltmeister.

Ähnlich wie in anderen Branchen zeichnet sich auch beim Kauf von Sekt ein Ende des Sparwahns ab. Ende 2008 hätten die Verbraucher «einen Tick bewusster und qualitätsorientierter» gekauft, berichtet Müller. Von dieser Entwicklung könnte auch der Premiumhersteller Kessler Sekt in Esslingen profitieren. Seit inzwischen 123 Jahren produziert die Manufaktur deutschen Sekt in Flaschengärung und ist damit die älteste Kellerei in Deutschland. 2008 verkaufte die Firma 1,3 Millionen Flaschen Sekt und gehörte damit zu den kleineren Anbietern.

Doch die Kunden sind nicht nur bereit, wieder mehr für einen guten Tropfen zu zahlen. Für viele ist auch wichtig, dass der Sekt aus der Nähe kommt. «Es gibt Menschen, denen die Unternehmen vor Ort wichtig sind, die einen regionalen Bezug suchen», sagt Kaiser. Deshalb setzt das Esslinger Traditionsunternehmen bewusst auf seine württembergische Identität. Der Hauptsitz ist nach wie vor in einem mittelalterlichen Gebäude am Esslinger Marktplatz, ein Großteil der Weine stammt von württembergischen Hängen.

Einen richtigen Boom erlebt in den vergangenen vier Jahren insbesondere der Rosé-Sekt. 2008 entfielen schon 15 Millionen Flaschen auf den zartroten Schaumwein. Kaiser findet es besonders erfreulich, dass dadurch nicht weniger weißer Sekt getrunken würde, sondern der Rosé-Konsum hinzugekommen sei. Im kommenden Jahr wird das rot glitzernde Getränk nach Einschätzung des Sektverbands seinen Siegeszug fortsetzen.