Rückblick: Traditionsunternehmen geht in die Insolvenz

Das Ende von Quelle

Ein Arbeitsplatz beim Versandhändler Quelle galt über Jahrzehnte im Großraum Nürnberg/Fürth wie eine Art Lebensversicherung: solide und zukunftssicher. Doch die Insolvenz der Muttergesellschaft Arcandor bedeutete für das Traditionsunternehmen in diesem Jahr das Aus. Ein Blick zurück auf die Geschichte einer großen Enttäuschung.

Autor/in:
Ralph Bauer
 (DR)

Obwohl Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg den Interessenten an einer Übernahme des Unternehmens sogar noch Geld anbot, wollte keiner Quelle haben. So verkündete Görg am 20. Oktober im Stammsitz in Fürth vor der Presse das Ende von Quelle - nach 82-jährigem Bestehen. «In zwei Jahren wird es hier keine Quelle-Mitarbeiter mehr geben», sagte Görg über die Aussichten für die Region Nürnberg/Fürth.

Als Grund nannte er die Schwierigkeiten beim Factoring-Zahlungsverkehr sowie die negativen Stimmung bei den Bestellern. «Der wichtigste Gesichtspunkt ist der Kundenverlust», sagte der Insolvenzverwalter. Zuvor war wochenlang um einen Massekredit für das angeschlagene Traditionsunternehmen gerungen worden. Für den hatte sich Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) stark gemacht. Mit den 50 Millionen Euro wurde dann größtenteils der Druck des scherzhaft als «Seehofer-Gedächtniskatalog» bezeichneten, 1346 Seiten dicken Werkes für den Winter 2009 finanziert. Es wurde der letzte Katalog in der Firmengeschichte.

Die Mitarbeiter - viele von ihnen seit Jahrzehnten im Unternehmen - reagierten enttäuscht und wütend auf das Ende des Traditionsunternehmens. So auch Betriebsrat Armin Bachhuber. «Kein Mensch hat uns informiert», sagte er. Er fühle sich «leer und kaputt». Betroffen ist die gesamte Region Nürnberg-Fürth. «Opel bekommt Geld wie Heu, während Quelle nie eine ähnliche Unterstützung aus Berlin erfahren hat», beklagte Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD). Die bevorstehende Abwicklung sei für die Stadt eine «ganz brutale Situation».

Am 1. November um 6.00 Uhr begann schließlich der Abverkauf über das Internet. Weil so viele Kunden bei Preisnachlässen zwischen 10 und 30 Prozent bei Quelle einkaufen wollten, brachen die Server zusammen, die Internetseite war über Tage nur sporadisch erreichbar. Auch in den bundesweit über 100 Technik-Centern und im Einkaufszentrum Nürnberg fielen die Schnäppchenjäger ein. Der laut Quelle «größte Ausverkauf Deutschlands» im Internet endete am 30. November.

Nach Angaben eines Sprechers des Insolvenzverwalters Görg gab es seit dem Start am 1. November mehr als 1,3 Millionen Bestellungen mit im Schnitt je sechs Artikeln. Am 19. Dezember schlossen auch die letzten 30 Technik-Center und das Einkaufszentrum Nürnberg ihre Pforten. Quelle ist für die Verbraucher Geschichte.

Was noch vom Traditionsunternehmen bleibt, sind Waren im Wert von 50 Millionen Euro, die an einen Verwerter verkauft werden sollen. Desweiteren überleben die einstigen Sparten, die Servicetochter Profectis, Foto Quelle, Küchen-Quelle, HSE 24 und einige Call-Center. Bis Ende Januar werden nach Angaben des Insolvenzverwalters durch die Insolvenz von Quelle/Primondo 8000 Menschen ihren Arbeitsplatz verloren haben.

Nach Angaben der lokalen Bundesagentur für Arbeit haben bis Ende Dezember im Raum Nürnberg von 1100 entlassenen oder freigestellten Beschäftigten, die kurzzeitig Arbeitslosengeld bezogen, 113 eine neue Arbeitsstelle bekommen. Von den 164 Auszubildenden seien nur noch neun nicht vermittelt. Doch zum Jahresende kommen neue Fälle auf die Stellenvermittler zu. «Wir rechnen bis Ende Februar im Raum Nürnberg/Fürth mit insgesamt 2900 entlassenen Quelle-Mitarbeitern», sagte ein Agentursprecher.