Chinesischer Dissident Liu Xiaobo zu elf Jahren Haft verurteilt

Kurzer Prozess

Chinas prominentester Dissident Liu Xiaobo ist am Freitag in Peking zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Mittlere Gerichtshof Nr. 1 sprach Liu schuldig, "Aktivitäten mit dem Ziel der Untergrabung der Staatsgewalt" begangen zu haben. Wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete, wurden Liu auch für zwei Jahre die politischen Bürgerrechte aberkannt. Dies ist seit langem die härteste Strafe, die in China gegen einen Regimekritiker erging.

 (DR)

Liu ist Ehrenpräsident des unabhängigen chinesischen PEN-Clubs und Mitautor des Appells «Charta 08» für Demokratie und Menschenrechte, der im Dezember 2008 veröffentlicht wurde. Der Literaturkritiker wird am 28. Dezember 54 Jahre alt. Seit Anfang Dezember 2008 ist er in Haft.

Dem Urteil war ein kurzer Prozess am 23. Dezember vorausgegangen, der weniger als drei Stunden dauerte. Ausländische Journalisten und Diplomaten wurden weder zur Verhandlung noch zur Verkündung des Urteils zugelassen.

Auch seine Frau Liu Xia durfte während der Verhandlung nicht in den Gerichtssaal. Sie durfte ihren Mann aber am Freitag im Gericht sehen, zum ersten Mal seit März. Die EU und die USA hatten Peking aufgefordert, Liu freizulassen, da er lediglich seine Meinung geäußert habe.

Bürgerrechtler im In- und Ausland werten die Strafe als Zeichen für eine neue politische Eiszeit in China: Das Urteil sei ein «klares Zeichen dafür, dass sich die Haltung der chinesischen Regierung gegenüber politischen Widerspruch weiter verhärtet», erklärte die in Hongkong ansässige Organisation «China Human Rights Defenders».

Die Anklage gegen Liu, der seit den Tiananmen-Demonstrationen 1989 bereits mehrfach in Haft saß oder unter Hausarrest gehalten wurde, gründete sich auf seine Mitautorenschaft bei der «Charta 08» und auf sechs Artikel, die er zwischen 2005 und 2007 im Internet veröffentlicht hatte.

In seinen Schriften hatte er die Herrschaft der Kommunistischen Partei als korrupt und diktatorisch kritisiert. Die zunächst von 303 Chinesen im Dezember 2008 publizierte «Charta 08» haben mittlerweile Tausende Landsleute unterschrieben.

«Mit seinen sozialen Kommentaren und politischen Essays, die er in den vergangenen 20 Jahren trotz Gefängnis, Festnahmen und Polizeischikanen schrieb, ist Liu einer der führenden Köpfe unter Chinas zunehmend mutigen Demokratie- und Menschenrechtsaktivisten geworden», erklärte «China Human Right Defenders».

Im chinesischen Internet und beim Kurztext-Portal Twitter, den viele Chinesen trotz der Blockade durch die Zensur nutzen, erscheint seit einigen Tagen bei vielen Einträgen eine gelbe Schleife als Zeichen der Solidarität mit Liu.