Vor 20 Jahren eröffnete das erste Eishotel der Welt

Kälte, Kunst und eine Kapelle

Was vor 20 Jahren, im Winter 1989, mit einem Eisskulpturen-Workshop für lokale Künstler anfing, hat sich inzwischen zu einem Markenzeichen der dünn besiedelten Region Norrbotten entwickelt: das "Icehotel" im nordschwedischen Örtchen Jukkasjärvi, dessen Saison im November beginnt und im April endet.

Autor/in:
Joachim Heinz
 (DR)

Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird es selbst in Lappland zu warm für die kalten Kreationen. Rund 60 fast nur aus Schnee und Eis gestaltete Zimmer bieten Platz für 140 Frostliebhaber. Mehrere hundert Tonnen Eis entnehmen die Hotelkonstrukteure jedes Jahr aus dem nahe gelegenen Fluss Torne. Die "Ernte" für die kommende Saison wird bereits im März und April eingefahren, der Ertrag den kurzen Sommer über in eigenen Räumen kühl gehalten.

Gleichzeitig reichen Skulpteure aus aller Welt erste Skizzen ein, aus denen die besten Ideen schließlich den Zuschlag erhalten. Die Bildhauerin Nina Hedman aus Stockholm ist bereits zum dritten Mal beim Bau dabei. Nach zwei Wochen Arbeit steht ihre "Puppenstube" kurz vor der Vollendung. Ein riesiger Puppenkopf füllt beinahe ein Drittel der Eis-Suite aus. "Eigentlich dachte ich, der Raum sei ein wenig größer", sagt die Künstlerin und lacht. "Nun muss ich halt ein wenig improvisieren", meint sie und widmet sich wieder dem Feinschliff.

Gabelstapler und Bagger im Einsatz
In einer Halle wenige Schritte weiter ist noch schweres Gerät im Einsatz. Gabelstapler und Bagger bewegen große und kleinere Eisblöcke. "Das wird die Kapelle", erläutert einer der Guides, die Tagestouristen über das Gelände führen. Bereits seit 1992 gehört das Gotteshaus zur festen Einrichtung im "Icehotel". Traditionell zu Weihnachten wird es vom evangelischen Pfarrer des 500-Seelen-Ortes geweiht - und ist in der Folgzeit fast jeden Abend für Hochzeiten ausgebucht. "Bei 150 Zeremonien liegt das Limit", so die Betreiber.

Wer hier heiraten will, braucht freilich langen Atem und einen kühlen Kopf. Bei Kleiderwahl und Planung wollen schließlich die besonderen klimatischen Verhältnisse bedacht sein. Für alle Fragen rund ums Fest stellt das Hotel einen eigenen "Wedding Coordinator" zur Verfügung.

Offenbar mit Erfolg: Die Feier sei ein unvergessliches Erlebnis gewesen, schwärmt etwa Yana Mangi. Die schwedische Musikerin, die Melodien der samischen Urbevölkerung Lapplands mit Pop- und Rock-Elementen mischt, heiratete hier zum Jahreswechsel 1999/2000 ihren Mann Tobbe. Die TV-Bilder der "Milleniumshochzeit" im Eishotel gingen damals um die Welt. Natürlich sei die Aufregung nicht zuletzt wegen der vielen Kameras groß gewesen, bekennt Mangi. Dennoch habe sie die Ortswahl für ihr Ja-Wort keinen Moment bereut. "Die Kapelle verbindet Altes und Neues, genau wie ich in meinen Liedern", sagt sie.

Immer mehr Touristen aus aller Welt kommen
Unterdessen zieht das Winter-Bauwerk immer mehr Touristen aus aller Welt in seinen Bann. So wie Lorna Williamson, Carol Batchelor und David Marshall aus dem britischen Kent. Eine Nacht haben sie bereits hinter dem Gletscherblau schimmernden Eingangsportal verbracht. Jetzt wollen sie sich im ebenfalls zum "Icehotel" gehörenden konventionellen Hüttendorf aufwärmen. "Geschlafen habe ich erstaunlich gut", beteuert David Marschall. Die herbergseigene Thermounterwäsche samt gefüttertem Daunenschlafsack und Rentierfellen als Bettwäschenersatz hätten gute Dienste geleistet. "Jederzeit", da sind sich die drei Briten einig, würden sie dieses Erfahrung wiederholen.

Für einen gewöhnlichen Familienurlaub dürfte das "Icehotel" bei Preisen von umgerechnet 130 bis 630 Euro pro Person und Nacht allerdings eher zweite Wahl sein. Eltern mit kleineren Kindern wird ohnehin von einem Besuch abgeraten. Dafür sei die Durchschnittstemperatur von minus fünf Grad dann doch zu niedrig, lautet die Auskunft an der Rezeption.