Hubert Hüppe ist neuer Behindertenbeauftragter des Bundes

"Teilhabe muss Selbstverständlichkeit werden"

Der langjährige behindertenpolitische Sprecher der Bundestags-Unionsfraktion, Hubert Hüppe, ist neuer Behindertenbeauftragter der Bundesregierung. Durch sein politisches Engagement hat er sich, selbst Vater eines behinderten Sohnes, den Ruf eines verlässlichen Anwalts behinderter Menschen erworben. Im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) spricht er über Schwerpunkte seiner künftigen Arbeit.

 (DR)

KNA: Herr Hüppe, welchen Schwerpunkt wollen Sie in Ihrem neuen Amt setzen?
Hüppe: Im Mittelpunkt steht die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Ich möchte gemeinsam mit den betroffenen Menschen einen Aktionsplan entwickeln, der ihre Teilhabe in allen Lebensbereichen sicherstellt. Das reicht vom Kindergarten über die Schule bis zum Arbeitsleben. Bei der anstehenden Reform der Eingliederungshilfe ist wichtig, dass Teilhabe als Menschenrecht begriffen und das Fürsorgeprinzip ersetzt wird.

KNA: Deutschland ist EU-weit Schlusslicht beim gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern. Was wollen Sie dagegen unternehmen?
Hüppe: Schulpolitik ist Ländersache. Dennoch sind die Bundesländer genauso wie der Bund an die UN-Konvention gebunden. Sie sind zu einer zügigen Einführung eines inklusiven Schulsystems verpflichtet. Internationale, aber auch deutsche Beispiele zeigen, wie gut solch ein gemeinsamer Unterricht funktioniert und wie alle davon profitieren. Ich werde Vorbehalten durch Aufklärung entgegenwirken.

Ich biete den Ländern Unterstützung beim Umsetzungsprozess an, werde diesen aber auch immer wieder anmahnen. Es würde helfen, wenn die privaten, gerade auch die kirchlich getragenen Schulen hier eine Vorreiterrolle übernehmen würden.

KNA: Die Arbeitslosigkeit unter Menschen mit Behinderungen ist teilweise doppelt so hoch wie unter der übrigen Bevölkerung. Welche Anstrengungen sind hier nötig?
Hüppe: Es gibt zahlreiche Instrumente und Programme, die eine Teilhabe am Arbeitsleben unabhängig von der Form der Behinderung ermöglichen sollten. Leider werden sie nicht ausreichend genutzt, sind oft Arbeitnehmern, Arbeitgebern aber auch Beratern kaum bekannt. Statt auf komplizierte und teure Eingliederungsprogramme setze ich auf Nachhaltigkeit und Unabhängigkeit. Kombilohn und persönliches Budget für Arbeit halte ich für geeignete Instrumente.

Insgesamt ist es aber nicht nur eine finanzielle Frage, sondern es geht auch um ein gesellschaftliches Umdenken. Teilhabe von Menschen mit Behinderung muss eine Selbstverständlichkeit werden.

Das Interview führte Karin Wollschläger.