Etappen auf dem Weg zum neuen EU-Vertrag

Von Nizza nach Lissabon

Der neue EU-Vertrag tritt am Dienstag in Kraft. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) nennt wichtige Stationen auf dem Weg zum "Vertrag von Lissabon".

 (DR)

11. Dezember 2000: Beim Gipfel in Nizza vereinbaren die Staats- und Regierungschefs einen neuen Grundlagenvertrag für die EU. Er legt Reformen für die Zeit nach den geplanten EU-Erweiterungen fest.
Gleichzeitig proklamieren sie die Grundrechtecharta der Europäischen Union. Deren rechtsverbindliche Aufnahme in den Vertrag von Nizza verhindert Großbritannien.

15. Dezember 2001: Die EU-Staats- und Regierungschefs beschließen in Laeken bei Brüssel die Schaffung eines Konvents. Unter Leitung des früheren französischen Staatspräsidenten Valery Giscard d'Estaing soll das Gremium Wege für die Zukunft Europas aufzeigen.

28. Februar 2002: Der Konvent nimmt seine Arbeit auf. Ihm gehören 105 Mitglieder aus der EU und den Beitrittsstaaten an, die von den nationalen Parlamenten, dem Europaparlament, den Regierungen und der EU-Kommission entsandt wurden.

1. Februar 2003: Der Vertrag von Nizza tritt in Kraft.

13. Juni 2003: Der Konvent erzielt nach langen, zähen Verhandlungen einen Konsens über einen Verfassungsentwurf. Die Präambel enthält einen Verweis auf das kulturelle, religiöse und humanistische Erbe Europas, nicht aber auf das christlich-jüdische Erbe. Auch einen Gottesbezug gibt es nicht. Die EU-Grundrechtecharta soll Teil II der Verfassung und damit rechtsverbindlich werden.

21. Juni 2003: Die EU-Staats- und Regierungschefs bezeichnen in Thessaloniki den Entwurf des Konvents als gute Ausgangsbasis und berufen eine Regierungskonferenz ein, die Details regeln soll.

4. Oktober 2003: Beginn der Arbeiten der Regierungskonferenz.

11. Dezember 2003: Der Bundestag spricht sich für die Aufnahme eines Gottesbezugs in die EU-Verfassung aus.

13. Dezember 2003: Beim EU-Gipfel in Brüssel gelingt keine Einigung auf den Wortlaut der neuen EU-Verfassung.

18. Juni 2004: Die EU-Staaten einigen sich unter irischer Präsidentschaft auf einen Verfassungsentwurf. Die von sieben Ländern vorgetragene Forderung nach einem Gottesbezug scheitert am Widerstand Frankreichs und Belgiens.

29. Oktober 2004: Der Verfassungsentwurf wird während einer feierlichen Zeremonie in Rom unterzeichnet.

20. Februar 2005: In Spanien stimmen bei einer Volksabstimmung mehr als drei Viertel der Bürger für die EU-Verfassung.

12. Mai 2005: Der Bundestag stimmt der EU-Verfassung zu. Am 27. Mai folgt der Bundesrat. Bundespräsident Horst Köhler setzt die Unterzeichnung wegen einer Verfassungsbeschwerde jedoch aus.

29. Mai 2005: Eine knappe Mehrheit der Franzosen lehnt bei einer Volksabstimmung den EU-Verfassungsvertrag ab.

1. Juni 2005: Auch eine Mehrheit der Niederländer spricht sich gegen die Verfassung aus.

17. Juni 2005: Die Zeit für die Ratifikation der EU-Verfassung wird bis Mitte 2007 verlängert. Zudem soll eine einjährige «Reflexionsphase» Klarheit über die Zukunft des Verfassungsvertrags bringen. Diese Denkpause wird später um ein weiteres Jahr verlängert..

10. Juli 2005: Luxemburg stimmt dem EU-Verfassungsvertrag per Volksabstimmung zu. Insgesamt ratifizieren 18 Staaten die Verfassung.

16. Juni 2006: Die deutsche EU-Präsidentschaft wird beauftragt, im ersten Halbjahr 2007 Vorschläge für das weitere Vorgehen vorzulegen. Spätestens im zweiten Halbjahr 2008 sollen Entscheidungen getroffen werden.

25. März 2007: Die Staats- und Regierungschefs vereinbaren in Berlin, die EU bis zu den Europawahlen 2009 auf eine erneuerte gemeinsame Grundlage zu stellen.

23. Juni 2007: Nach zähem Ringen legen die Staats- und Regierungschefs beim Brüsseler EU-Gipfel die Vorgaben für einen künftigen EU-Vertrag fest. Großbritannien erzwingt Zugeständnisse bei der EU-Grundrechtecharta. Diese Charta soll für die anderen EU-Staaten bindendes Recht werden.

19. Oktober 2007: Die EU-Staats- und Regierungschefs einigen sich bei einem informellen Gipfeltreffen in Lissabon auf den neuen EU-Vertrag, der die Vorgaben vom Juni umsetzt. Polen erhält wie Großbritannien eine Ausnahmeklausel zur EU-Grundrechtecharta.

13. Dezember 2007: Die Staats- und Regierungschefs unterzeichnen den EU-Vertrag in Lissabon. Er kann aber nur in Kraft treten, wenn ihn alle 27 EU-Staaten ratifizieren.

24. April 2008: Im Bundestag stimmt eine große Mehrheit der Abgeordneten für den neuen EU-Vertrag. Auch der Bundesrat stimmt dem Reformvertrag zu (23. Mai). Das Land Berlin enthält sich.

12. Juni 2008: Bei einem Referendum in Irland stimmen 53,4 Prozent der Abstimmenden gegen den Vertrag von Lissabon.

20. Juni 2008: Auf dem ersten EU-Gipfel unter französischer Ratspräsidentschaft einigen sich die Staats- und Regierungschefs, den Ratifizierungsprozess fortzusetzen.

16. Oktober 2008: Beim EU-Gipfel in Brüssel werden die Beratungen über das weitere Vorgehen beim EU-Vertrag auf das Gipfeltreffen im Dezember verschoben. Bis dahin soll Irland Vorschläge für einen Ausweg aus der Vertragskrise vorstellen.

12. Dezember 2008: Mit rechtlichen Garantien an die Iren unter anderem zur Familien- und Sozialpolitik sowie der Ethik wird der Weg für ein zweites Referendum Irlands bis November 2009 frei gemacht.

19. Juni 2009: Die EU-Staats- und Regierungschefs vereinbaren, die Garantien für Irland in einem Protokoll festzulegen, das einem künftigen EU-Abkommen beigefügt werden soll.

30. Juni 2009: Das Bundesverfassungsgericht billigt den EU-Vertrag, setzt aber gleichzeitig Grenzen für die Übertragung von Kompetenzen auf die EU.

2. Oktober 2009: Im zweiten Anlauf stimmt Irland mit 67,1 Prozent der abgegebenen Stimmen per Referendum dem EU-Vertrag zu.

29. Oktober 2009: Beim EU-Gipfel in Brüssel setzt Tschechien die gleiche Ausnahmeklausel zur Grundrechtecharta wie Großbritannien und Polen durch. Am 3. November billigt das tschechische Verfassungsgericht den Vertrag. Noch am gleichen Tag unterzeichnet Tschechiens Präsident Vaclav Klaus die Ratifizierungsurkunde. Damit ist der EU-Vertrag von allen 27 EU-Staaten ratifiziert.

1. Dezember 2009: Der Vertrag von Lissabon tritt in Kraft.