Zwei bewaffnete Schwerkriminelle noch nicht gefasst

Auf der Flucht

Zwei aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Aachen ausgebrochene Schwerkriminelle waren am späten Freitagnachmittag weiter auf der Flucht. "Wir haben derzeit keine konkreten Informationen über den Aufenthalt der beiden Männer", sagte ein Polizeisprecher. Aus der Bevölkerung gebe es zahlreiche Hinweise. So wollen Bürger die 50 und 46 Jahre alten bewaffneten Schwerverbrecher in der Nähe von Koblenz, in Bonn, im Ruhrgebiet und in Troisdorf bei Köln gesehen haben. Dort wurde die Polizeipräsenz daraufhin verstärkt.

 (DR)

Die beiden Straftäter hatten am Donnerstagabend gegen 20.00 Uhr im Bereich einer Eingangschleuse zum Gefängnis einen Justizmitarbeiter bedroht und überwältigt. Danach kam den Männern offenbar der Zufall zur Hilfe. Sie konnten ein Taxi kapern, das gerade einen Freigänger zurück zur JVA gebracht hatte.

Von dem Taxi ließen sie sich zunächst nach Kerpen-Buir fahren. Dort sollen sie gemeinsam mit dem Taxifahrer in ein anderes Taxi umgestiegen sein, das sie zum Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs brachte. Von dort aus flohen sie zu Fuß in die Kölner Innenstadt. Hier verliert sich ihre Spur.

Am Freitag wurde ein Bediensteter des Gefängnisses festgenommen. Der Mitarbeiter stehe unter dem «Verdacht der Gefangenenbefreiung», sagte Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU). Zu Einzelheiten machte sie keine Angaben. Genaue Hintergründe der Tat lägen noch nicht vor. Ziel sei es, die flüchtigen «gefährlichen» Häftlinge schnell zu fassen.

Zwei Waffen aus dem JVA-Bestand sollen im Besitz der Männer sein. Die Pistolen mit jeweils acht Schuss Munition waren bei der Flucht aus einem Tresor an der JVA-Pforte entwendet worden.

Ein Großaufgebot der Polizei fahndet weiter mit Hochdruck nach den bewaffneten Ausbrechern. Die Bevölkerung wurde davor gewarnt, sich den Männern zu nähern. Die wegen Mordes, Mordversuchs und Raubs zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilten Männer hätten sich in der Vergangenheit brutal und rücksichtslos gezeigt.

Vor ihrer gelungenen Flucht an der JVA-Schleuse für Fahrzeuge mussten die Männer fünf Türen überwinden, um bis dorthin zu kommen. Zum Tatzeitpunkt waren rund 40 JVA-Mitarbeiter im Dienst.

Persönliche Konsequenzen lehnte die Ministerin zum jetzigen Zeitpunkt ab. Sie werde die Ermittlungen abwarten und dann die «notwendigen Maßnahmen» ergreifen, sagte Müller-Piepenkötter. Die Ministerin steht seit Jahren wegen Justizpannen unter Druck. Ein Fehler «eines Justizvollzugsbediensteten» sei «kein Fehler im System», betonte die Ministerin.

Die SPD-Opposition forderte eine lückenlose Aufklärung. «Sollte sich der Verdacht einer Fluchthilfe durch einen oder mehrere Bedienstete bestätigen, müssen die Hintergründe vollständig aufgedeckt werden», sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Ralf Jäger. Nur dann ließen sich die notwendigen Konsequenzen ziehen, «um solche Verstrickungen künftig zu vermeiden». Nötig sei «ein Frühwarnsystem, das Versuche zur Fluchthilfe möglichst früh enttarnt und verhindert».