Auch Bundestagsdebatte kann Konflikt um Steinbach nicht lösen

Keine Lösung in Sicht

Im Streit über die Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach zeichnet sich auch nach einer einstündigen Debatte im Bundestag keine Lösung ab. In einer Aktuellen Stunde hielt am Donnerstag allein die Unionsfraktion daran fest, dass der Bund der Vertriebenen (BdV) seine Präsidentin für den Stiftungsrat der neuen Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" nominieren soll. Alle anderen Fraktionen forderten Steinbach auf, auf den Sitz zu verzichten.

 (DR)

Dem BdV stehen im Stiftungsrat drei Sitze zu. Bislang bleibt ein Platz frei, weil der Verband die Nominierung Steinbachs verzögerte. Die Stiftung soll eine Dokumentationsstätte und eine Ausstellung in Berlin aufbauen, wo an das Schicksal von Millionen Vertriebenen am Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert werden soll.

Steinbach ist vor allem in Polen umstritten, weil die CDU-Bundestagsabgeordnete 1991 im Bundestag nicht für die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze stimmte und sich gegen den EU-Beitritt Polens aussprach.

Der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen in der Unionsfraktion, Klaus Brähmig (CDU), sagte, der BdV repräsentiere die Opfer und müsse daher darüber entscheiden können, wen er in den Stiftungsrat entsende. Steinbach habe zudem als Präsidentin den Verband in die Mitte der Gesellschaft gerückt. Brähmig kritisierte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP), der sich bei seinem Antrittsbesuch in Polen gegen Steinbach ausgesprochen hatte. Für die deutsch-polnischen Beziehungen wäre es Brämig zufolge besser gewesen, wenn Westerwelle geschwiegen hätte.

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Angelica Schwall-Düren betonte, dass es nicht darum gehe, das Leid der Vertriebenen zu leugnen oder ihnen das Recht streitig zu machen, in einer Dokumentationsstätte an ihr Schicksal zu erinnern. Im Mittelpunkt müsse jedoch die Versöhnung stehen, zu der Steinbach nicht beigetragen habe. Schwall-Düren kritisierte auch die in einigen Medien kolportierten Kompensationsangebote an den BdV. «Wir müssen uns fragen, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem historischen Gedenken umgehen darf, als würde sie mit Bananen handeln», sagte die Europaexpertin.

Wolfgang Thierse (SPD) warnte vor einem «neuen Misstrauen in Polen». Dem «unsäglichen Schauspiel» müsse daher endlich ein Ende gesetzt werden.

Die Linksfraktion warf der SPD, die die Aktuelle Stunde beantragt hatte, vor, der Konzeption der Vertriebenen-Stiftung im Bundestag zugestimmt zu haben. Das Projekt belaste seit Jahren das deutsch-polnische Verhältnis, sagte die kulturpolitische Sprecherin Luc Jochimsen. Es gehe darum, die «Kardinalfehler» der Stiftung zu beseitigen. Die Ausstellung dürfe nicht nur auf die Folgen des Zweiten Weltkriegs fokussiert werden.

Der europapolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Michael Link, erklärte, dass die FDP zur Konzeption der Stiftung stehe. Die Personalie Steinbach sei aber für die FDP ein «vererbtes Problem» der Vorgängerregierung. In Polen gebe es eine wachsende Offenheit für das Schicksal der deutschen Vertriebenen. Das dürfe durch eine Entscheidung für Steinbach nicht gefährdet werden.

Der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, sagte, dass die Menschenrechtsverletzungen an den Vertriebenen aufgearbeitet werden müssten. Es sei aber verständlich, wenn Steinbach in Polen nicht als Versöhnungsgeste ankomme. Beck warf Union und FDP vor, mit dem Streit vor allem das eigene Klientel bedienen zu wollen. Als Kompromiss schlug Beck vor, den dritten Sitz im Stiftungsrat nicht dem BdV, sondern der Gesellschaft für bedrohte Völker zur Verfügung zu stellen.