In den USA streiten Bischöfe und Politiker über Grundsätzliches

Recht auf Kommunion verwirkt?

Fast wirkt es wie ein Deja-vu des Präsidentschaftswahlkampfs 2004: Ein katholischer Politiker soll, so die US-Medien, wegen seiner Haltung zur Abtreibungsfrage nicht mehr zur Kommunion gehen dürfen. Und wenn er auch noch der bekanntesten katholischen Familie der USA angehört, ist die Schlagzeile sicher: Bischof verweigert Kennedy die Kommunion! Doch es steckt mehr dahinter.

Autor/in:
Esther-Marie Merz
 (DR)

Am Wochenende nahm der seit Jahren schwelende Streit zwischen dem demokratischen Kongressabgeordneten Patrick Kennedy und dem katholischen Bischof von Providence im Bundesstaat Rhode Island, Thomas J. Tobin, volle Fahrt auf. Tobin erklärte in einem Offenen Brief, dass der Sohn des im August verstorbenen Senators von Massachusetts, Edward Kennedy, mit seiner geradezu störrischen Ablehnung gegenüber der katholischen Lehre zum Lebensschutz seine Mitgliedschaft in der Kirche neu überdenken solle.

Es war der bisherige Höhepunkt in einer Auseinandersetzung, die auch die stark interessierten bis faszinierten Medien nicht in Gänze erklären können. Es müsse auch etwas Persönliches zwischen den beiden im Spiel sein, mutmaßen sie. Bereits 2007 hatte der Bischof den Politiker in einem persönlichen Schreiben gebeten, wegen seiner liberalen Haltung zum Thema Abtreibung nicht mehr die Kommunion zu empfangen. Aus diesem Brief zitierte Kennedy nun öffentlich - zur Enttäuschung Tobins. Er erklärte, dies sei ein persönlicher Ratschlag gewesen, der nicht für die Allgemeinheit gedacht gewesen sei. Der Bischof betonte, er habe Kennedy niemals offiziell von der Kommunion ausgeschlossen, noch habe er Priester angewiesen, Kennedy die Kommunion zu verweigern.

Höhepunkt eines langen Streits
Anlass für die Verschärfung des Tons zwischen Kennedy und Tobin ist eine Aussage des liberalen Politikers in der laufenden Debatte um die Gesundheitsreform. Die Bischöfe machen sich für einen Passus stark, der jegliche Finanzierung von Abtreibungen mit öffentlichen Geldern klar ablehnt. Das wäre insofern eine Veränderung des Status quo, als bislang einige staatlich subventionierte Krankenkassen geringe Finanzhilfen für sozial schwache abtreibungswillige Frauen vorsehen. Kennedy, ein Verfechter der geltenden Regelungen, stellte in der Debatte die erregte Frage, ob der Schutz menschlichen Lebens wirklich der zentrale Fokus der katholischen Kirche sei. Tobin entgegnete, die US-Bischöfe befürworteten seit Jahren eine Gesundheitsreform zum Wohl der sozial Schwächeren - aber eben nicht zum Preis staatlich finanzierter Abtreibungen.

Schlagzeilen nicht im Sinne der Mehrheit der Bischöfe
Überall in den USA gehen die Meinungen weit auseinander, wie Politiker ihren persönlichen Glauben und ihre öffentlichen Verpflichtungen in Einklang bringen sollen. Auch in der Bischofskonferenz herrscht über diese Frage offenbar Uneinigkeit. Der prominente Jesuit Thomas Reese, Mitarbeiter des Woodstock Theological Center in Washington, meint: «Die überwiegende Mehrheit der US-Bischöfe lehnt einen Ausschluss von Personen von der Kommunion aufgrund ihrer Meinung zum Thema Abtreibung ab.» Das Problem sei aber, «dass es immer dann, wenn ein einzelner Bischof zu dieser Maßnahme greift, Schlagzeilen gibt, unter denen alle Bischöfe zu leiden haben».

Deirdre McQuade, Pressesprecherin der US-Bischofskonferenz, erklärte die zurückhaltenden Reaktionen der Kirchenleitung mit dem Ermessensspielraum, den die einzelnen Bischöfe in ihren Diözesen hätten. Individuelles Handeln von Bischöfen werde nicht kommentiert. Dessen ungeachtet brachte die Befürwortung eines «Rechts auf Abtreibung», wie es das umstrittene «Roe gegen Wade»-Urteil des Obersten US-Gerichtshofs von 1973 im Grundsatz zulässt, in der Vergangenheit des öfteren Politiker und Kirchenvertreter gegeneinander auf.

Bereits 2003 verweigerte der damalige Bischof von La Crosse, Raymond Burke, dem Kongressabgeordneten David Obey aus Wisconsin die Kommunion. Ebenso erging es dem früheren Gouverneur von Kalifornien Gray Davis. 2004 war es der demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry, der sich den Unmut der Bischöfe zuzog. 2007 schließlich erklärte Burke, mittlerweile Erzbischof von Saint Louis, er würde den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Rudolph Giuliani nicht zur Kommunion zulassen. Nie freilich stand dabei eine «Exkommunikation» von Politikern zur Debatte, von der übereifrige Medienvertreter wissen wollten.