Dokumentarfilm über die Begegnung mit einem Mörder und die Frage nach Schuld und Sühne

Monster oder Mensch?

Fast 14 Tage lang beherrschte Frank Schmökel im Jahr 2000 die Schlagzeilen: als Mörder und Vergewaltiger. Kann so ein Mann "bekehrt" werden? Diese Frage war der Ausgangspunkt des SWR-Films "Für das Leben eines Mörders", bei dem Täter und Opfer zu Wort kommen.

Autor/in:
Monika Herrmann-Schiel
 (DR)

Nachdem Schmökel am 25. Oktober 2000 bei einem Freigang die eigene Mutter und den begleitenden Pfleger lebensgefährlich verletzt hatte, flüchtete er. Wenige Tage später erschlug er einen schlafenden Rentner und stahl dessen Auto. Fieberhaft fahndete die Polizei nach ihm, man befürchtete, dass der wegen Kindesmissbrauchs und Mordversuchs zu 14 Jahren Haft verurteilte Triebtäter weitere Verbrechen begeht. Ganz Deutschland atmete auf, als Schmökel am 7. November 2000 in der Nähe von Bautzen festgenommen wurde.

Seitdem ist er in dem Hochsicherheitstrakt einer Spezialklinik untergebracht. Wie für die meisten, die in Brandenburg aufgewachsen sind, war für Kristof Kannegießer der Name Schmökel gleichbedeutend mit dem Bösen an sich. So horchte er überrascht auf, als er in einem Gespräch erfuhr, der Täter sei "bekehrt" worden. Diese Geschichte interessierte den jungen Filmemacher.

Er besuchte den freikirchlichen Pfarrer Eberhard Böckmann, der sich in Brandenburg um Jugendliche, Arbeitslose und Häftlinge kümmert, darunter Frank Schmökel. Böckmann lud Kannegießer ein, ihn bei einem Besuch zu begleiten. So begannen die Arbeiten zu dem Film "Für das Leben eines Mörders", den Kannegießer im Rahmen seines Studiums an der Filmakademie Ludwigshafen drehte. Das SWR-Fernsehen zeigt die Produktion in der Reihe "Junger Dokumentarfilm" am Montag um 23.00 Uhr.

Lange Telefongespräche
Mehrfach hat der Regisseur Schmökel besucht und lange Telefongespräche mit ihm geführt. Er versuchte, sich ein Bild zu machen von dem Mann, der vielen als Monster gilt, das ein Weiterleben nicht verdient hat. Er sprach mit den Menschen, die sich bis heute mit dem Verurteilten befassen, und bemühte sich um Kontakt zu den Opfern und ihren Angehörigen. Viele haben das Gespräch abgelehnt.

Manfred Schäfer schließlich erklärte sich bereit, vor die Kamera zu gehen. Von Schmökel mit sieben Messerstichen lebensgefährlich verletzt, leidet er noch heute unter den Folgen der Gewalttat. Schäfer ist überzeugt davon, dass sein Peiniger das Recht auf Leben längst verwirkt habe.

Pfarrer Böckmann hält dagegen, dass trotz aller Schuld, die ein Mensch auf sich geladen hat, niemand das Recht habe, endgültig zu urteilen. Der engagierte Christ glaubt daran, dass es keinen Menschen gibt, der nur schlecht ist. Auch Helga Engel besucht Frank, wie sie ihn nennt, immer wieder. Er bedankt sich bei der ehrenamtlichen Häftlingsbetreuerin mit kleinen Geschenken. Schwer vorzustellen, dass dieser Mann noch immer gefährlich für andere ist.

Kein abschließendes Urteil
Auch auf Kristof Kannegießer wirkte er bei den Besuchen normal. Es seien lockere, angenehme Gespräche mit einem zwar wenig gebildeten, aber doch intelligenten Mann gewesen, sagt Kannegießer. Da die Klinik jede Art von Aufnahmen untersagt hatte, zeichnete der Dokumentarfilmer Telefongespräche mit Schmökel auf und fügte sie als Tondokumente ein. Dieser Kunstgriff hat dem Film gut getan. Zum einen wird so vermieden, dass sich der Häftling präsentieren kann. Zum anderen ist es dem Filmemacher gelungen, in diesen Telefongesprächen die andere, dunkle Seite des Mannes, der auch für die psychiatrischen Gutachter kaum zu ergründen ist, zu erfassen.

Es ist nur schwer erträglich zu hören, wie Schmökel beschreibt, wie er sich an einem Mädchen vergangen und es beinahe erwürgt hat. Er spricht ohne Mitgefühl für das Opfer, und es klingt, als spreche er über die Probleme, ein Gartenhäuschen zu errichten. Kristof Kannegießer macht es dem Zuschauer nicht leicht, denn er verzichtet darauf ein abschließendes Urteil über Schmökel zu fällen. Aber er stellt sich entschieden hinter die Menschen, die ihn betreuen, obgleich sie seine Taten verabscheuen. Kannegießer: "Ich weiß, dass es Menschen geben muss, die genau das tun, nicht nur für die Täter, sondern auch für die Grundwerte unserer Gesellschaft."

Hinweis: "Für das Leben eines Mörders", Film von Kristof Kannegießer, SWR-Fernsehen, Mo 23.11., 23.00-0.00 Uhr.