Erzbischof Reinhard Marx stellt sich dem Kabarettisten Erwin Pelzig

"A weng Gottvertrauen jetzt"

Er hat seinem Namen alle Ehre gemacht: Marx - das steht für Sozialkritik - so auch im kabarettistischen Talk von Frank Markus Barwasser am Donnerstagabend in der ARD. Seine Kunstfigur Erwin Pelzig, ein Franke mit Karohemd, "Cordhütli" und Herrenhandtasche, hatte Reinhard Marx als Gast geladen.

Autor/in:
Christian Wölfel
 (DR)

Er wollte ihn als "geistlichen Beistand" für die nächsten vier Jahre von "Merkel und ihrer neuen Drückerkolonne". Kabarettist und Erzbischof plauderten unterhaltsam über die neue Regierung, die Wirtschafts- und Sozialkrise und natürlich über Kirchenfragen. Der Gastgeber begrüßt "den ersten hohen katholischen Würdenträger" in seiner Sendung. "Ich sag Erzbischof, Eminenz wäre auch richtig?", fragt Pelzig. "Nein, Eminenz nur bei Kardinälen. Später, später", antwortet Marx und schiebt kurz darauf ein "vielleicht" nach.

Was er denn nun von der neuen Regierung halte, an deren Spitze mit der Kanzlerin und dem "Witzekanzler" Westerwelle nun zwei Protestanten stünden, will Pelzig wissen: "Das ist für Sie nicht so gut gelaufen." Nun, ein paar "katholische U-Boote" seien ja auch dabei, kontert Marx. Und wird gleich wieder ernst: Eine "vernünftige Vision" fehle ihm in dem neuen Koalitionsvertrag. Zuvor hat Pelzig das Werk als "Wunschzettel" bezeichnet. Diesen feierten die neuen Partner schon "und wissen noch nicht einmal, ob Weihnachten stattfindet".

Das Imperium schlägt zurück
Damit punktet Pelzig beim Publikum, aber auch Marx erhält Applaus von den Zuschauern der Live-Aufzeichnung im Münchner Theater am Schlachthof. Etwa dann, wenn er bemängelt, wie wenig Akteure in Wirtschaft und Gesellschaft aus der Krise gelernt hätten und wie schon wieder gezockt werde: "Das Imperium schlägt zurück."

Dann nimmt sich Pelzig das Buch des Erzbischofs vor. Zwar sei sein "Kapital" sehr gut und nicht so "theologisch verschwurbelt", aber an manchen Stellen zu vage. Er habe etwa geschrieben, dass es ihm als Bischof immer wieder schwer falle, sich angesichts krimineller Investoren zurückzuhalten. "Frage: Warum halten Sie sich denn zurück?" - "Ich kann ja nicht handgreiflich werden." - "Warum nicht?" - "Da habe ich ein paar Gebote im Evangelium, die mich daran hindern." - "Kann man nicht ein Gebot finden, das einen verpflichtet, mal reinzuhauen?" - "Das elfte oder wie?" So geht es munter dahin.

Marx lässt sich nicht aufs Glatteis führen
Es ist ein Wagnis, sich in Barwassers Talk zu begeben, nicht nur wegen der sonderbar eingefärbten Bowle, die jeder Gast serviert bekommt. "Ein schreckliches Getränk", wie der Erzbischof noch vor dem ersten Schluck der gelben Flüssigkeit bekennt. Pelzig empfiehlt "a weng Gottvertrauen jetzt". Mehr als dieser Lackmus-Test sind es jedoch die bissigen Fragen, die der gelernte Journalist in seiner Paraderolle als scheinbar naiver Kleinbürger seinen Gästen stellt, die so manchen alt aussehen lassen.

Dem will sich nicht jeder aussetzen. SPD-Hoffnungsträger Sigmar Gabriel etwa habe ihm definitiv abgesagt, erzählt Barwasser. Auch die neue Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, habe schon drei Einladungen ausgeschlagen.

Marx lässt sich von Pelzig, dem selbsterklärten "alten Ober-Heiden" nicht aufs Glatteis führen, auch wenn der Franke es immer wieder
versucht: Bei den Protestanten eine "geschiedene Frau als oberste Bischöfin", sei das nicht merkwürdig? Käßmann habe ihn persönlich sehr beeindruckt und sei mit Herz und Engagement bei der Sache, würdigt der Erzbischof die EKD-Ratsvorsitzende.

Letztlich kann sich auch Erwin Pelzig dem jovialen Charme des Erzbischofs nicht mehr entziehen, und so beschließt der Kabarettist nach einer kurzweiligen Viertelstunde: "Ich glaub', es ist besser, Sie gehen, sonst werd' ich am End' auch katholisch."

Hinweis: Die Sendung "Pelzig unterhält sich" mit Erzbischof Reinhard Marx, der grünen Bundestagsabgeordneten Agnes Krumwiede und dem Rapper Sido wird unter anderem am 6. November um 22.30 sowie am 8. November um 22.45 Uhr im Bayerischen Fernsehen wiederholt.