"Tatort" über uneheliche Kinder von Priestern

Mord in Kirchenkreisen

"Ach du heiliger Bimmbamm." Das Opfer ist Priester - und das wiegt schwer im katholischen Münster. So beginnt der "Tatort" heute Abend. Er greift ein für die Kirche heikles Problem auf - die Probleme von Menschen, deren Väter Priester sind.

Autor/in:
Monika Herrmann-Schiel
 (DR)

Im nächtlichen Münster verstaut der Gerichtsmediziner Professor Boerne gerade seine Geige im Auto, als er ein Motorengeräusch, einen Aufprall und splitterndes Glas hört. Auf dem nassen Pflaster liegt ein Mann. Börne beugt sich zu ihm hinunter, versucht mit dem Handy Hilfe zu holen. In diesem Augenblick leuchten die Rückfahrscheinwerfer eines Taxis auf, das direkt auf ihn zufährt. Wenig später ist Kommissar Thiel am Tatort. Als Boernes Mitarbeiterin Haller das Opfer umgedreht und Thiel den weißen Priesterkragen am Hals des Toten sieht, entfährt ihm nur: "Ach du heiliger Bimmbamm." Das Opfer ist Priester - und das wiegt schwer im katholischen Münster.

Zunächst ist dieser Krimi, wie die "Tatorte" aus Münster eben sind: ein wenig skurril, voll von schwarzem Humor und Sarkasmus. Boerne ist arrogant, snobistisch und zum Teil unerträglich egoistisch wie immer, obgleich oder gerade weil ihm diesmal im wahrsten Sinne des Wortes beide Hände gebunden sind. Bei der Attacke des Taxis hat er mehrere Brüche an Armen und Händen erlitten. Dass Thiel sich diesmal ganz besonders anstrengen muss, macht ihm Staatsanwältin Wilhelmine Klemm drastisch deutlich. Ein toter Priester zähle in Münster soviel wie zwei tote Bürgermeister oder drei tote Polizisten, sagt sie.

Betroffen stellt die Staatsanwältin die Identität des Toten fest. Es ist der Regens des Priesterseminars Sankt Vincenz, Ludwig Mühlenberg. Für das "Heidenkind" Thiel ist das Seminar eine fremde, ungewohnte Welt, in der er rasch eine Reihe von Verdächtigern im Visier hat. Bis dahin ist in diesem Krimi alles wie gewohnt.

Ein für die Kirche heikles Problem
Dann aber nimmt der Film eine unerwartete Wende. Er greift ein für die Kirche heikles Problem auf - die Probleme von Menschen, deren Väter Priester sind. Hervorgegangen aus wegen des Zölibats illegalen Beziehungen zwischen Männern der Kirche und ihren Geliebten, leben die Kinder unter ungeahntem Druck, zum Teil mit schweren Schuldgefühlen. Entweder leiden sie, weil sie nicht wissen, wer ihr Vater ist, oder weil sie von ihm verleugnet werden. Wenn sie ihren Vater kennen und lieben, belastet sie, dass sie das unter allen Umständen verheimlichen müssen, es sei denn, der Vater verlässt Amt und Kirche. Dann wären sie "Tempelräuber", weil diese Kinder die Männer der Kirche abspenstig machen.

Mit großem Ernst und Eindringlichkeit zeigt der Film die seelische Not aller Beteiligten. Dabei befasst er sich nicht mit den Argumenten um Für und Wider des Zölibat, sondern zeigt ganz einfach die Auswirkungen von Grenzüberschreitungen.

Dies gelingt den Schauspielern und der Regie so gut, dass der Film wie zweigeteilt wirkt. Man bedauert, dass es die Geschichte eines "Tatorts" ist und am Ende notgedrungen die Frage beantwortet werden muss: Wer war der Täter? Die Auflösung ist überraschend und gezwungen, psychologisch nicht ganz nachvollziehbar. Das ist aber in letzter Zeit häufiger das Problem von Fernsehkrimis, dass es ihnen bei genauerem Hinsehen an innerer Logik fehlt. Und so wird auch bei dem neuen Münster-Tatort der Täter wie ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert.