Zur Vorgeschichte der katholisch-evangelischen Verstimmungen

Höhen und Tiefen

Der Dialog zwischen der katholischen und evangelischen Kirche war in den vergangenen zehn Jahren von Höhen und Tiefen gekennzeichnet. Die wichtigsten Etappen in einer Chronologie.

 (DR)

Oktober 1999: Lutheraner und Katholiken unterzeichnen in Augsburg die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre". Darin stellen beide Seiten einen "Konsens in Grundfragen" der in der Reformation aufgeworfenen theologischen Debatte über die Erlösung des Menschen durch Gott fest. Der Text wird von zahlreichen evangelischen Theologen kritisiert.

September 2000: Die Römische Glaubenskongregation unter Leitung von Kardinal Joseph Ratzinger bescheinigt in der Verlautbarung "Dominus Iesus" den Kirchen aus der Reformation, sie seien nicht Kirchen "im eigentlichen Sinn". Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) kritisiert das Papier als "Rückschlag für die Ökumene".

April 2001: Der katholische Rat der Europäischen Bischofskonferenzen
(CCEE) und die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) unterzeichnen in Straßburg die "Charta Oecumenica". Darin verpflichten sich die christlichen Kirchen in Europa unter anderem für die Einheit der Kirchen auf dem Kontinent einzutreten. Als Selbstverpflichtung hat die Charta keinen lehramtlich-dogmatischen oder kirchenrechtlichen Charakter.

Mai 2003: In Berlin findet der erste Ökumenische Kirchentag (ÖKT) statt. Für Schlagzeilen sorgt der katholische Priester Gotthold Hasenhüttl. Er feiert mit Katholiken und Protestanten gemeinsam eine katholische Messe und teilt die Eucharistie an alle Anwesenden aus.
Hasenhüttl wird wenig später vom damaligen Trierer Bischof Reinhard Marx vom Priesteramt suspendiert.

April 2005: Der EKD-Ratsvorsitzende Huber gratuliert Papst Benedikt XVI. zu seiner Wahl. Kardinal Joseph Ratzinger habe in der Vergangenheit theologische Beiträge geleistet, die weit über die katholische Kirche hinaus die Christenheit insgesamt und die säkulare Öffentlichkeit beeindruckt und vielen Menschen Orientierung gegeben hätten.

September 2005: Die EKD kündigt an, sich nicht mehr an einer Überarbeitung der von katholischer und evangelischer Seite herausgegebenen Einheitsübersetzung der Bibel beteiligen zu wollen.
Damit wird es künftig keine deutschsprachige offizielle ökumenische Bibelübersetzung mehr geben.

Juli 2007: Mit einer Erklärung über die Einzigartigkeit der katholischen Kirche bekräftigt der Vatikan die Positionen aus der Verlautbarung "Dominus Iesus". Der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber nennt die Erklärung "ökumenisch brüskierend".

Januar 2009: Der Papst nimmt die Bischöfe der Pius-Bruderschaft wieder in die katholische Kirchengemeinschaft auf und eröffnet damit den Weg für eine innerkatholische Aussöhnung mit den schärfsten Kritikern der Ökumene.

Juli 2009: Ein internes EKD-Papier zeichnet ein kritisches Bild der katholischen Kirche unter Benedikt XVI. Zudem beklagt der Verfasser Thies Gundlach fehlende Fortschritte im ökumenischen Dialog seit dem Jahr 2000.

Oktober 2009: Nachdem das Papier in die Öffentlichkeit gelangt ist, sagt die Bischofskonferenz das turnusgemäß angesetzte Treffen zwischen ihr und der EKD ab. Stattdessen soll ein Spitzengespräch beider Seiten eine Klärung bringen.