Expertenkommission will mit 83 Empfehlungen Amokläufe unwahrscheinlicher machen

Das Unbegreifliche verhindern

Der Amoklauf von Winnenden bei Stuttgart erschütterte im März ganz Deutschland. Mit der Frage, ob und wie sich solche Taten verhindern lassen, hat sich nun eine Expertenkommission im Auftrag der baden-württembergischen Landesregierung befasst. Die Kriminologen, Psychologen, Behördenvertreter und Juristen haben nun ein Paket mit Empfehlungen vorgestellt.

Autor/in:
Marcus Mockler
 (DR)

Die Experten wollen Schulen sicherer machen. Sie empfehlen ein Türknaufsystem für Klassenzimmer, bei dem sich im Ernstfall die Tür nur noch von innen öffnen lassen. Was sich banal anhört, scheint aufgrund der Untersuchungen von Amokläufen sehr wirksam zu sein. Viele Täter gäben schnell auf, wenn sich Türen nicht öffnen lassen, erklärte Innenminister Heribert Rech (CDU). Die Stadt Karlsruhe habe für ein solches Türknaufsystem an ihren Schulen 480.000 Euro ausgegeben.

Die Experten sprechen sich auch für eine Reihe von Gesetzesänderungen aus. Sogenannte Killerspiele, die am Computer das Morden realistisch nachahmen, sollten ihrer Ansicht nach verboten werden. Die Kommission fordert darüber hinaus, dass zu jungen Spielern der Zugang zu solchen Spielen im Internet mit Hilfe von Alterskennzeichnungen und Altersprüfsystemen erschwert wird.

Die Experten fordern kein generelles Verbot großkalibriger Waffen im Privatbesitz. Allerdings müsse es schärfere Aufbewahrungsregeln und gebührenpflichtige Kontrollen in Privathäusern geben. Waffen sollen mit einem PIN-Code gesichert werden. Außerdem will die Kommission Schützenvereine dafür gewinnen, auf das Schießen mit besonders gefährlichen Waffen zu verzichten.

Amokläufer nähmen sich fast immer andere Täter zum Vorbild, erklärten die Experten. Deshalb fordern sie von den Medien, bei Amokläufen weniger über den Täter zu berichten.

Bereits Kinder müssten den fairen Umgang miteinander besser lernen. Mehr Vorbeugung verspricht sich die Gruppe von der Gründung eines Landespräventionsrats und einer neuen Professorenstelle, die die Vorbeugung von Amokläufen erforschen soll.

Was von diesen Empfehlungen der Experten in die Tat umgesetzt wird, ist noch unklar. Von nun an wollen die Landesministerien prüfen, welche rechtlichen und finanziellen Konsequenzen sich aus den Empfehlungen ergeben. Dann entscheidet die Politik, was sie umsetzt. Einen hundertprozentigen Schutz vor Amokläufen ergebe auch die Befolgung sämtlicher 83 Ratschläge nicht, betonte Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU): «Wir können aber die Wahrscheinlichkeit solcher Taten verhindern, denn wir wollen, dass Winnenden ein einmaliges Ereignis bleibt.»