Für die Bischöfe gewinnen katholische Schulen an Bedeutung

"Besser werden bei der Pflege des Personals"

Bei allen besorgniserregenden Zahlen - Stichwort Kirchenaustritte oder sinkende Priesterzahlen - die die Bischöfe zur Kenntnis nehmen müssen: Die katholischen Schulen sind eine Erfolgsgeschichte. Fast 370.000 Kinder besuchen eine Einrichtung in katholischer Trägerschaft. Vielerorts, auch in Dessau, übersteigt die Nachfrage das Angebot.

Autor/in:
Christoph Strack
 (DR)

«Die Schule erfüllt zentral eine diakonische Aufgabe der Kirche. Wir sind in besonderer Weise den Menschen nahe.» Schulleiter Benedikt Kraft spricht von allen rund 1.130 Schulen, die die katholische Kirche in Deutschland unterhält. Dabei weiß der 45-jährige Leiter des Liborius-Gymnasiums im sachsen-anhaltinischen Dessau auch aus ganz persönlicher Erfahrung, wovon er redet. Die 1991 gegründete Einrichtung stellt sich der religiösen Situation in Ostdeutschland: Nur gut 20 Prozent der Schüler sind katholisch, etwa 40 Prozent evangelisch, die übrigen 40 Prozent sind nicht getauft und gehören keiner Religionsgemeinschaft an.

Das hat Auswirkungen auf das Selbstverständnis: «Wir müssen uns bei dieser Klientel von jeder Art des Milieukatholizismus verabschieden», betont der gebürtige Mönchengladbacher Kraft, der bereits seit Anfang der 1990er Jahre in Sachsen-Anhalt tätig ist. Und umschreibt das Profil der Einrichtung wie folgt: «Wir sind eben nicht nur Schule für die, die eh' schon in der Kirche sind.»

Was Kraft für das Dessauer Liborius-Gymnasium als Herausforderung beschreibt, gilt längst in gleicher Weise für katholische Schulen in anderen Teilen Deutschlands. Selbst in ländlichen Gebieten Westdeutschlands gebe es in «klassischen katholischen Gebieten gesellschaftliche Veränderungen, die uns schon zusetzen», räumt am Mittwoch der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker ein. Der 61-Jährige leitet die Bildungskommission der Deutschen Bischofskonferenz, die sich bei ihrer Herbstvollversammlung in Fulda erneut mit den katholischen Schulen befasst hat. Die Situation ist folgende:  Die Schulen könnten mehr Schüler aufnehmen, als sie Plätze haben. Nicht selten zwei oder drei Mal so viel.

Das passt zu einem Befund, den das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Mitte September vorlegte. Immer mehr Schüler in Deutschland besuchen eine Privatschule, unter den Gymnasiasten ist es bereits jeder neunte. Dabei sei für die Schulwahl weniger das Einkommen der Eltern als deren Bildungsgrad entscheidend, wie DIW-Bildungsforscherin Katharina Spieß erläutert. Vor allem besser gestellte Akademiker machten von dieser Möglichkeit Gebrauch - womit zugleich eine zunehmende Selektion drohe.

Becker sieht bei den katholischen Schulen in dieser Hinsicht keine Gefahr, obwohl sie - in Berlin oder Bonn, Fulda oder auch Dessau, in Ettal und München - vielfach zu den besten am Ort zählen. «Wir sind kein Oxford und kein Eton und wollen es nicht sein. Wir sind ganz bewusst für alle offen.» Außerdem zählten zu den katholischen Bildungshäusern auch Sonder- oder Berufsschulen. Im Fuldaer Priesterseminar diskutierten die Bischöfe «außergewöhnlich lange und offen», so Becker, über ihr Engagement in diesem Bereich. Sie sähen die Schulen als Chance, junge Menschen an eine glaubwürdige Lebensführung und ein sinnerfülltes Leben heranzuführen. «Wir wollen wertvolle Orientierung geben.»

Jedes der 27 deutschen Bistümer unterhält Schulen, «das Thema geht uns alle an», betont Becker. So arbeiten die Bischöfe an der Umsetzung von Qualitätskriterien beispielsweise zum Erziehungsauftrag, zur Seelsorge in Schulen als «Glaubensort», zur Zusammenarbeit mit den Eltern. In Fulda richtete sich der Blick auch auf die Lehrer: «Wir müssen besser werden bei der Pflege des Personals», sagt Becker. Das gelte beispielsweise für die berufsbegleitende Fortbildung der Pädagogen. Die Bischöfe, sagt Becker, hätten sich durchaus selbstkritisch gefragt, ob sie dem Thema Schule in den letzten Jahren und Jahrzehnten genügend Wertschätzung gewidmet hätten. Denn selbst wenn man von Leuchttürmen spricht - ohne Pflege und stete Energie wird die Strahlkraft schwächer.