Ureinwohner machen Biosprit verantwortlich

Hungerkrise in Guatemala

Guatemalas Regierung hat in der Nacht zum Mittwoch den Hungernotstand ausgerufen. Präsident Álvaro Colom erklärte in einer Fernsehansprache, das zentralamerikanische Land erhalte dadurch besseren Zugang zu internationalen Hilfsleistungen. Als Grund für die "historische Tragödie" nannte er die durch den Klimawandel verursachte Trockenheit. Ureinwohner machen die zunehmende Produktion von Biosprit für die Krise verantwortlich.

 (DR)

Nach Angaben der Regierung leiden derzeit 54.000 Familien in ländlichen Gegenden Hunger, weitere 400.000 seien davon bedroht. Die Regierung räumte ein, mindestens 462 Menschen seien in diesem Jahr bereits verhungert, darunter 54 Kinder. Das UN-Welternährungsprogramm hatte am Dienstag mit der Verteilung von 20 Tonnen Lebensmitteln begonnen. Nach Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen, UNICEF, ist in Guatemala jedes zweite Kind unterernährt. Vor allem Maya-Familien sind betroffen.

Die größte Ureinwohner-Organisation des Landes, CONIC, machte unterdessen die Biosprit-Produktion für die Hungerkrise verantwortlich. «Der Staat gibt dem Anbau von Palmöl und Zuckerrohr (für Biosprit) erste Priorität, während er den indigenen Völkern das Recht auf eigenes Land verweigert», sagte CONIC-Mitbegründer Juan Tiney dem epd. Nach seinen Angaben wurden in diesem Jahr bereits 20 Dorfgemeinschaften vertrieben, um Platz für Großplantagen zu schaffen.

Tiney kritisierte zugleich Guatemalas Regierung wegen ausbleibender Unterstützung der Ureinwohner. «Der Notstand hätte schon viel früher erklärt werden müssen. Die aktuelle Krise zeichnete sich schon lange ab»; sagte Tiney. Die Maya-Ureinwohner machen nach offiziellen Angaben knapp die Hälfte, laut CONIC zwei Drittel der mehr als 13 Millionen Einwohner Guatemalas aus.

Der linksgerichtete Colom hatte im Januar 2008 die Präsidentschaft des Landes übernommen. Unter dem Slogan «Sozialdemokratie mit dem Antlitz der Maya» kündigte er damals eine bessere Armutsbekämpfung an. CONIC-Vertreter Tiney kritisierte dies als «pure Rhetorik», die im Widerspruch zur exportorientierten Agrarpolitik stehe.

Die CONIC setzt sich seit 17 Jahren für das Recht der Ureinwohner Guatemalas auf eigenes Land ein. Die Organisation wird wesentlich vom deutschen Hilfswerk «Brot für die Welt» unterstützt.