OECD: Deutschland muss mehr in Bildung investieren

Ungenügend, nachsitzen!

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat Deutschland zu mehr Anstrengungen im gesamten Bildungsbereich aufgefordert. Gerade in der Krise seien Qualifikationen und Studium wichtig, Deutschland brauche mehr Hochschulabsolventen, so das Fazit eines internationalen Vergleichs.

 (DR)

«Wenn Deutschland gestärkt aus der Wirtschaftskrise hervorgehen will, dann ist jetzt der Zeitpunkt, in Bildung und höhere Qualifikation zu investieren», sagte die OECD-Direktorin für Bildung, Barbara Ischinger, am Dienstag vor Journalisten in Berlin.  Zugleich mahnte sie mehr Aufmerksamkeit für die Weiterbildung an.

Nach dem neuen OECD-Bericht «Bildung auf einen Blick» lag Deutschland bei den öffentlichen und privaten Ausgaben für Bildung 2006 am unteren Ende des internationalen Vergleichs. In diesen Bereich gingen 4,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, wobei sich in den letzten Jahren sogar noch eine rückläufige Tendenz zeigte. Unter den OECD-Ländern gaben 2006 nur die Türkei, die Slowakei, Spanien und Irland einen geringeren Anteil für Bildung aus. Bei den Spitzenreitern USA, Korea und Dänemark, flossen mehr als sieben Prozent des Bruttosozialprodukts in das Bildungswesen.

Schavan: Weichen sind gestellt
Die Bundesregierung und die Kultusministerkonferenz (KMK) begrüßten die neue Studie und verwiesen auf bildungspolitische Weichenstellungen seit 2006. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) sprach von einer Dynamik bei zahlreichen Reformen und verwies auf die steigende Quote der Studienanfänger. Der Studienstandort Deutschland gewinne an Bedeutung. Zugleich trügen die Bemühungen, die Hochschullandschaft weiter zu internationalisieren, Früchte. KMK-Präsident Henry Tesch verwies auf den Hochschulpakt von Bund und Ländern und führte die Anstrengungen an, den Anteil der Studienabbrecher, mit dem Deutschland im internationalen Vergleich bereits gut abschneidet, weiter zu verringern.

Im Primarbereich liegen die Ausgaben Deutschlands laut OECD leicht unter dem internationalen Durchschnitt, beim Hochschulsektor leicht über dem OECD-Schnitt. Fast alle OECD-Länder hätten von 2000 bis 2006 die Ausgaben pro Schüler im Primar- und Sekundarbereich zum Teil sehr deutlich gesteigert. Jedes zweite Land habe auch mehr Geld in das Hochschulwesen gesteckt. In Deutschland hätten sich dagegen in beiden Bereichen die Ausgaben kaum verändert. Als eindeutig positiv bewertet die OECD die niedrige Zahl der Studienabbrecher in Deutschland.

"Gewaltige Anstrengungen" nötig
Ischinger erklärte, es brauche weitere «gewaltige Anstrengungen», um im Bereich der tertiären Bildung Anschluss an die OECD-Länder zu finden. Die Nachbarstaaten lebten Deutschland zum Teil vor, wie man mit mehr Hochschulabsolventen den Arbeitsmarkt und die Gesamtwirtschaft voranbringe, betonte sie. Man sollte junge Menschen zu einem Studium ermutigen, meinte sie. Dabei verwies sie auch auf «soziale Erträge» von Bildungsaktivitäten für eine Gesellschaft. So seien Menschen mit höherer Bildung im Durchschnitt politisch interessierter und gesünder.

Deutschland muss laut OECD auch Weiterbildung und lebenslanges Lernen stärker in den Blick nehmen. Derzeit, bemängelte Ischinger, komme betriebliche Weiterbildung ganz überwiegend den bereits gut ausgebildeten Arbeitnehmern zugute.

Gut aufgestellt?
In zahlreichen Reaktionen wurden die neuen OECD-Zahlen unterschiedlich bewertet. Fachpolitiker der Opposition sprachen von einem Armutszeugnis und forderten einen Vorrang für Bildung. Aus der Union hieß es, Deutschland sei bei der Bildung gut aufgestellt. Die OECD stelle der deutschen Bildungspolitik ein gutes Zeugnis aus.

Dagegen sprach die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) davon, Deutschland stolpere im Bildungsbereich «bestenfalls voran». Bund, Länder und Kommunen müssten in der Bildungspolitik endlich an einem Strang ziehen. Der Deutsche Philologenverband nannte die Kritik an einer Unterfinanzierung des deutschen Bildungswesens berechtigt. Allerdings sei die Mahnung zu mehr Studierenden zweischneidig. Geisteswissenschaftler fänden heute schon schwer angemessene Arbeit. Dagegen fehlten Studierende der Naturwissenschaften.