Kliniken im Rheinland verhindern Fangprämien für Patienten

Im Interesse eines fairen Wettbewerbs

Die Rede ist von Fangprämien und Bestechung: Jahrelang haben niedergelassene Ärzte offenbar von deutschen Kliniken Geld kassiert, damit sie ihre Patienten in ein bestimmtes Krankenhaus überweisen. Seit diese Praxis öffentlich bekannt wurde, herrscht Empörung bei Politik und Patientenvertretern. Doch es geht auch anders.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Dass solche dubiosen Praktiken gezielt verhindert werden können, beweist der Krankenhauszweckverband Köln, Bonn und Region, in dem 159 private, öffentliche und kirchliche Krankenhäuser aus dem Rheinland zusammengeschlossen sind. Bereits seit 2008 haben die Mitgliedskrankenhäuser der meisten Regionen des Rheinlandes den Beschluss gefasst, «im Interesse eines fairen Wettbewerbs und eines kollegialen Umgangs miteinander» keine offenen oder verdeckten Einweisungspauschalen an Ärzte zu zahlen.

«Was da teilweise läuft, ist schlecht für alle Beteiligten im Gesundheitswesen», sagt Geschäftsführer Martin Heumann in Köln. Zwar sei es sinnvoll, Hausärzte und Krankenhäuser besser miteinander zu verzahnen, um Patienten besser zu versorgen und die Gesundheitskosten zu senken. Dies müsse aber unter Einhaltung des geltenden Rechts geschehen und dürfe nicht dazu führen, dass Geld ohne entsprechende Gegenleistung nur deshalb gezahlt wird, um an mehr Patienten zu kommen.

Ob sich alle Krankenhäuser an den Beschluss halten? Direkte
Überprüfungs- und Sanktionsmechanismen gebe es nicht, räumt der Geschäftsführer ein. Heumann setzt auf Selbstkontrolle und ist sich zugleich sicher, dass Verstöße durchsickern oder auffällig werden, wenn Patientenströme sich auffällig verändern.

Zugleich warnt der Geschäftsführer vor allzu schnellen moralischen
Urteilen: Gerade in Ballungsgebieten stünden die Krankenhäuser unter erheblichem Konkurrenzdruck. «Wer weniger Patienten hat, gerät schnell in eine wirtschaftliche Schieflage», betont er. Das einzelne Krankenhaus könne sich deshalb schlecht gegen solche Praktiken wehren. Nur wenn alle Krankenhäuser einer Region zusammenstünden, sei man vor Erpressung gefeit.

Unterdessen spielten sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Bundesärztekammer den Schwarzen Peter gegenseitig zu: Der Präsident der Krankenhausgesellschaft, Rudolf Kösters, machte am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin die Ärzte für die umstrittene Praxis verantwortlich. Die niedergelassenen Ärzte hätten die Krankenhäuser zum Teil «heftig unter Druck gesetzt». Der Vizepräsident der Bundesärztekammer, Frank-Ulrich Montgomery, bezeichnete diesen Vorwurf als «kompletten Unsinn": Er kenne demgegenüber viele Fälle, wo Krankenhäuser Ärzten Angebote gemacht hätten, um Patienten zu bekommen. In der Tageszeitung «Die Welt» sprach er von Bestechung und erklärte, er schätze, dass nur 70 bis 80 Prozent der Überweisungen nicht zu beanstanden seien. Der Rest bewege sich in einer Grauzone.

Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» hatte am Montag berichtet, die verbotenen Prämienzahlungen seien inzwischen in ganzen Regionen gängige Praxis. Ärzte verdienen laut Zeitung für eine Überweisung mehrere hundert Euro. Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, machte dafür eine zunehmende Kommerzialisierung der Medizin verantwortlich. «Da halten die Ehrenkodexe nicht mehr.»

Fest steht, dass niedergelassene Mediziner immer schon großen Einfluss darauf hatten, in welchen Krankenhäusern sich ihre Patienten behandeln lassen. Dass solche Entscheidungen aber nicht zum Wohl des Patienten, sondern wegen finanzieller Absprachen getroffen werden, empört beispielsweise die Deutsche Hospiz Stiftung. Leidtragende seien vor allem Schwerstkranke und Sterbende, die in ihren letzten Lebensmonaten im Schnitt fünf Mal zwischen Pflegeheim und Krankenhaus hin und her überwiesen würden, obwohl sie gar nicht mehr gesund werden könnten, sagte der Geschäftsführende Vorstand Eugen Brysch.

Auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hatte ein Ende der Prämienzahlungen gefordert. Derartige Praktiken sollten durch die Kammern, die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Berufsverbände so schnell wie möglich abgestellt werden.

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