Zehn Jahre Ziviler Friedensdienst in Deutschland

"Frieden braucht Fachleute"

Konflikte sind unvermeidbar. Aber sie müssen mit friedlichen Mitteln produktiv ausgetragen werden. Deshalb braucht Frieden Fachleute. So lautet in Kürze die Begründung für die Einrichtung eines Zivilen Friedensdienstes in Deutschland, der in diesen Tagen seinen zehnten Geburtstag feiert.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Ob Rehabilitation von Kindersoldaten in Sierra Leone, Unterstützung von Ex-Soldaten bei der Aufarbeitung der Kriegsgeschichte in Kroatien, Jugendarbeit in Palästina oder die Schlichtung von Konflikten zur Ausbeutung von Bodenschätzen in Bolivien - seit 1999 haben sich mehr als 500 speziell ausgebildete Fachkräfte des Zivilen Friedensdienstes in Krisenregionen engagiert. Derzeit sind Konfliktberater aus Deutschland in 45 Ländern aktiv.

Für Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) ist der Dienst «eines der wichtigsten Instrumente der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, um Konflikte friedlich und ohne militärische Mittel zu bearbeiten». Dabei war seine Gründung heftig umstritten. Erst die unter dem Eindruck der Kriege im zerfallenden Jugoslawien 1997 verabschiedete «Berliner Erklärung für einen Zivilen Friedensdienst» brachte den Durchbruch für dieses neue Element deutscher Friedenspolitik.

Rund 200 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sprachen sich damals für die öffentliche Förderung eines solchen nichtstaatlichen Dienstes sowie für die Ausbildung spezieller Friedensfachkräfte aus. Darunter waren der katholische Bischof Hermann Josef Spital, sein evangelischer Mitbruder Wolfgang Huber, die Friedensforscher Carl-Friedrich von Weizsäcker und Johan Galtung sowie Politiker wie Johannes Rau, Rita Süssmuth, Joschka Fischer und Hans Koschnick.

Schon 1994 hatten sich Nichtregierungs- und Entwicklungsorganisationen sowie die Kirchen zum «Forum Ziviler Friedensdienst» (forum FZD) in Bonn zusammengeschlossen, einer Dachorganisation von mittlerweile 42 Friedens- und Entwicklungsorganisationen, die die Fachkräfte entsendet.
Unmittelbar nach dem Regierungswechsel 1998 schuf das von Wieczorek-Zeul geführte Entwicklungsministerium dann die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für einen Einsatz deutscher Friedensfachkräfte im Ausland.

Mindestens 28 Jahre alt, abgeschlossene Berufsausbildung, Auslandserfahrung und viel Motivation: So lauten die Anforderungen an das Profil der Friedensfachkräfte. «Wir brauchen aber keine Leute, die sich nur selbst verwirklichen oder vor Problemen zuhause weglaufen wollen», sagt der Pressesprecher des Forums, Christoph Bongard.

Die künftigen Friedensfachkräfte werden in bis zu viermonatigen Qualifizierungskursen auf ihren Auslandseinsatz vorbereitet. Ob Konfliktanalyse, Vermittlung zwischen verfeindeten Gruppen, psychologische Betreuung Traumatisierter oder Projektmanagement - all das gehört zur Arbeit der entsandten Experten, die vor allem in Israel und Palästina sowie in Südosteuropa arbeiten.

Rund 30 Millionen Euro lässt sich das Ministerium das Engagement in diesem Jahr kosten. Für Heinz Wagner, Geschäftsführer des forum ZFD, eine geringe Summe im Vergleich zu Deutschlands Militärausgaben, etwa für Afghanistan. Wagner fordert daher eine «Abkehr vom Primat des Militärischen» in der deutschen Politik.

Aber auch für das Inland sieht das Forum Bedarf: Mit Konfliktberatern will es Spannungen zwischen sozialen und ethnischen Gruppen hierzulande abbauen. Im niedersächsischen Quakenbrück und in Oranienburg bei Berlin wurden Teams für eine kommunale Konfliktberatung eingesetzt. Haupt- und Ehrenamtliche vor Ort sollen in die Lage versetzt werden, den gesellschaftlichen Frieden zu erhalten.