Der südkoreanische Ex-Präsident und Friedensnobelpreisträger Kim Dae Jung ist tot

Streitbarer Demokrat in schwierigen Zeiten

Er wurde inhaftiert, zum Tode verurteilt und des Landes verbannt. Kim Dae Jung galt als der "Nelson Mandela Asiens". Als Staatspräsident wurde er zum Architekten der Entspannungspolitik mit dem kommunistischen Nordkorea. Auf dem Höhepunkt seines politischen Wirkens erhielt er im Jahr 2000 den Friedensnobelpreis. Wenige Jahre später trübten Korruptionsvorwürfe das Bild. Kim starb am Dienstag im Alter von 83 Jahren.

Autor/in:
Jutta Lietsch und Elvira Treffinger
 (DR)

1997 zum Präsidenten gewählt, leitete Kim trotz heftiger politischer Widerstände die sogenannte Sonnenscheinpolitik gegenüber dem kommunistischen Norden des Landes ein. Höhepunkt war der historische Gipfel mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Il Mitte Juni 2000 in Pjöngjang, der Wirtschaftskooperationen und Familienzusammenführungen brachte. Rückschläge blieben nicht aus. Das Regime in Nordkorea ist bis heute ein schwieriger Partner.

Wenige Jahre nach dem historischen Gipfel wurde bekannt, dass Seoul große Geldbeträge an Nordkorea gezahlt hatte. Nach Meinung seiner Gegner hat sich Kim das Treffen erkauft. Der südkoreanische Rechnungshof belegte die Überweisung von 300 Millionen US-Dollar. Schätzungen reichten bis zu einer Milliarde.

Kurz vor Ende seiner Amtszeit Anfang 2003 entschuldigte sich Kim für die verschleierten Zahlungen. Auch für die Korruptionsaffären, die zwei seiner drei Söhne hinter Gitter brachte, bat er öffentlich um Verzeihung. Kim sagte, er schäme sich dafür, dass er sich nicht genug um seine Söhne gekümmert habe: «Ich spüre die Verantwortung sehr.»

Turbulenter Lebensweg
Kims Lebensweg war turbulent. Am 3. Dezember 1925 als Sohn eines Bauern auf der Insel Ha Eui im äußersten Süden geboren, waren bereits seine ersten Jahre von Rebellion und Gefahr geprägt. Kim widersetzte sich den japanischen Kolonialherren, die Korea bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges besetzt und Koreanisch an den Schulen verboten hatten. Er studierte Ökonomie, arbeitete in einer Reederei und schrieb in einer Lokalzeitung. 1956 trat er in die katholische Kirche ein und wurde Mitglied der Demokratischen Partei.

Nach einem kurzen Zwischenspiel als Abgeordneter der Nationalversammlung wurde Kim bald zum bekanntesten Kritiker der Militärregierungen, die in Südkorea bis Anfang der 90er Jahre herrschten. Seit dem Koreakrieg (1950-1953) und der Teilung des Landes herrschte in Südkorea ein scharfes antikommunistischen Klima: Jeder Versuch einer Annäherung an den Norden galt als Verrat. Viele Regimekritiker in Südkorea wurden lange Jahre ohne Urteil inhaftiert. Kim wagte es in den 70er Jahren, sich offen für ein «Tauwetter» in den Beziehungen zum kommunistischen Nordkorea auszusprechen.

Nur knapp der Ermordung entkommen
1972 konnte er fliehen, kurz bevor das Kriegsrecht verhängt wurde. Seine Verwandten in Seoul wurden unter Hausarrest gestellt, politische Freunde verhaftet und unter Folter verhört. Nur mit großem Glück entging Kim 1973 seiner Ermordung: Der koreanische Geheimdienst hatte ihn bereits aus seinem Hotel entführt und gefesselt. Agenten bestätigten später, dass man ihn von einem Schiff ins Meer werfen wollte. Der US-Botschafter hatte in letzter Minute davon gehört und Seoul gewarnt.

Kim kehrte trotz der Gefahren nach Seoul zurück. Er blieb politisch aktiv, kam unter Hausarrest, später ins Gefängnis. Nach der Machtübernahme des Diktators Chun Doo Hwan 1980 wurde Kim wegen angeblicher Umsturzpläne zum Tode verurteilt. Erst nach heftigen internationalen Protesten wurde die Strafe in 20 Jahre Haft umgewandelt. 1982 durfte Kim zur medizinischen Behandlung in die USA reisen.

Erst 1985 ließ ihn das Regime zurückkehren, kurz bevor die Opposition die Direktwahl des Präsidenten erkämpfte. Sein politisches Engagement trug Kim immer wieder Hausarrest ein. 1992 promovierte er über «die Entwicklung der Demokratie in Südkorea» - in Moskau.