UNO sehen Wahlen in Afghanistan durch Gewalt der Taliban gefährdet

Karsai vor Wiederwahl

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hofft trotz aller Probleme am 20. August auf die Wiederwahl durch sein Volk. Die Wahl scheint schon gelaufen zu sein, weil sich bisher keine Alternative ergeben hat. Laut der jüngsten Einschätzung der Vereinten Nationen sind die Wahlen allerdings durch die zunehmende Gewalt der Taliban gefährdet.

Autor/in:
Friedrich Kuhn
 (DR)

Nach Informationen der Nachrichtenagentur ddp haben die Amerikaner, die Karsai einst stützten, «händeringend» nach einem anderen Politiker für das Präsidentenamt gesucht. Für US-Präsident Barack Obama hat sich Karsai nach Aussage von Angehörigen des amerikanischen Geheimdienstes CIA allerdings vom einstigen «Hoffnungsträger» zur geduldeten «Notlösung» entwickelt.

Die Unzufriedenheit der Afghanen mit dem Paschtunen Karsai hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Karsai hatte bei der ersten Wahl am 9. Oktober 2004 über 55 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen können. Die Zustimmungswerte für ihn seien «in den Keller gefallen», war aus Kreisen der CIA zu hören. Karsai sei es «nicht im entferntesten gelungen», Korruption und Vetternwirtschaft in seinem Land einzudämmen.

Taliban wollen Wahl verhindern
Zahlreiche Stammesfürsten, Provinzherrscher und auch Warlords hat Karsai nach Darstellung von politischen Beobachtern mit vielen Dollars und Versprechungen auf allerlei Posten sowie mit «unglaublichen Tricks» für seine Wiederwahl gewinnen können. Es sei ihm aber nicht gelungen, mit den immer gefährlicheren islamistischen Taliban irgendwie fertig zu werden oder zumindest ins Gespräch zu kommen, um das Schicksal Afghanistans zu wenden, wurde unterstrichen.

Die Taliban versuchen mit aller Gewalt die Präsidentenwahl zu boykottieren. Sie verstärken ihre Angriffe auf die afghanische Armee, die Polizei und besonders auf die ISAF-Truppen von Tag zu Tag. Darunter hat auch besonders die Bundeswehr in ihrem nördlichen Stützpunkt Kundus zu leiden. Die Taliban haben ihre 107-Millimeter-Raketen sogar ins Zentrum und Diplomatenviertel von Kabul gefeuert. «Wir befürchten bis zum 20. August noch eine wesentliche Steigerung der Attacken auch mit Selbstmordattentätern», berichteten Geheimdienstler.

Wegen der ständig drohenden Taliban-Angriffe findet ein Straßenwahlkampf in Afghanistan so gut wie nicht statt. Seit dem 16. Juni bemühen sich 41 Aspiranten um das höchste Amt im Staat. Von den rund 20 Millionen Afghanen sollen nach Schätzungen 17 Millionen wahlberechtigt sein. Einen genauen Überblick über «tatsächliche Zahlen» gibt es nicht. Als einziger «ernst zu nehmender Gegenkandidat» zu Karsai gilt der frühere Außenminister Abdullah Abdullah.

Stimmenkauf in großem Stil
Zum Wirrwarr um die Wahlberechtigten ist es gekommen, weil die Afghanen, die noch einen Wahlausweis von den Präsidentschaftswahlen vor fünf Jahren besitzen, diesen ebenso nutzen können wie neu registrierte Wähler. Es werden nach den Feststellungen der Geheimdienste auch Wahlausweise «in großem Stil» von Kandidaten gekauft, um möglichst zahlreiche Stimmen zu erhalten. Es wird ein Dollar pro Ausweis gezahlt. So können die Bewerber um das Präsidentenamt viele Stimmen «gewinnen». Sie ködern ihre «Wähler» bevorzugt auch mit Geschenken, beispielsweise mit den beliebten Mobiltelefonen. Damit gebe es einen «unübersehbaren üppigen Stimmenkauf», berichteten Geheimdienstler.

Karsai, der schon etlichen Anschlägen mit knapper Not entgangen ist, wagt sich wegen der äußerst angespannten Lage kaum in die Öffentlichkeit. Wahlplakate von ihm werden von den Taliban heruntergerissen und durch Warnungen an den Hauswänden ersetzt: «Wer wählt ist ein Verräter». Die Taliban haben nach Aussagen von Geheimdienstlern unter der afghanischen Bevölkerung die Parole verbreitet: «Wer am Wahltag zur Urne geht, wird erschossen».

Laut einer Umfrage des «National Center for Policy Research» (NCPR) der Universität Kabul meinten 70 Prozent der Afghanen bei einer Umfrage, dass die Präsidentenwahl «auf keinen Fall frei, fair und transparent» verlaufen wird. Wahlbeobachter wiesen auf die umstrittene Präsidentenwahl im Iran hin, bei der Mahmud Ahmadinedschad als Präsident nur durch «Manipulationen» in eine zweite Amtszeit gewählt worden sein soll.