Braunschweig zeigt den Traum vom welfischen Kaisertum

Mittelalterliche Machtkämpfe

Es war ein Familienstreit, der Generationen überdauerte. Der Konflikt zwischen Welfen und Staufern gehört zu den spannendsten Geschichten des deutschen Mittelalters. Mit klar verteilten Rollen. An dem Schwarz-Weiß-Bild will das Land Niedersachsen nun etwas ändern.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Die Stauferzeit gilt als einer der Höhepunkte deutscher Geschichte. Die Dynastie der Staufer erlosch jedoch bereits 1268 mit der Ermordung Konradins in Neapel, während die Welfen bis heute bestehen. Letztere gelten in der Geschichtsschreibung jedoch als finstere Gegenspieler der Staufer.

Am Samstag eröffnet in Braunschweig die Landesausstellung, die den einzigen Kaiser aus welfischem Haus in den Mittelpunkt rückt. Unter dem Titel "Otto IV. - Traum vom welfischen Kaisertum" soll bis zum 8. November der Sohn Herzog Heinrichs des Löwen und Neffe von Richard Löwenherz ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit gerückt werden.

"Dumm und hochmütig, aber tapfer"
Dabei rief Otto (1175/76-1218) - anders als die Stauferkaiser Friedrich Barbarossa und Friedrich II. - schon bei manchen Zeitgenossen kaum Begeisterung hervor, wie ein kürzlich im Pustet-Verlag erschienener Sammelband über "Staufer und Welfen" betont. Ein Zeitgenosse habe den Welfen-Kaiser als "dumm und hochmütig, aber tapfer" bezeichnet.

An Selbstbewusstsein mangelte es Otto in der Tat nicht, wie die an teilweise historischer Stätte am Burgplatz mit dem mittelalterlichen Dom St. Blasii und der Burg Dankwarderode zu sehende Schau zeigt. So ließ er sich auf dem berühmten Kölner Dreikönigsschrein neben den Heiligen Drei Königen als vierter König darstellen.

Zahlreiche weitere Ausstellungsstücke verweisen auf das Leben des
Kaisers: Etwa sein aus Byzantiner Seide hergestellter Kaisermantel mit den Leoparden, die auf die enge Bindung zum englischen Königshof verweisen. Dort verbrachte Otto seine Jugend, weil sein Vater von Kaiser Friedrich Barbarossa gebannt worden war. Oder das Testament, die Handschriften, Chroniken und Urkunden, die auch einen Einblick in den zehnjährigen Thronstreit mit dem Staufer Philipp von Schwaben geben: Als Philipp im Jahr 1208 gegen Otto rüstete und die Eroberung Braunschweigs plante, wurde er von dritter Seite aus verletzter Ehre ermordet. Das rettete den Welfen und seine Stadt, die Bahn zur Kaiserkrone war frei.

Doch mit der Krönung vor 800 Jahren durch Papst Innozenz III. in Rom war wenig Glück verbunden: Seine Italienpolitik brachte Otto zunehmend in Konflikt mit dem Papst, der ihn 1211 exkommunizierte.  1212 wählten die Reichsfürsten Friedrich II. zum Gegenkönig. Die Staufer hatten die Nase wieder vorn.

Gotikausstellung "Der Magdeburger Dom und die späte Stauferzeit"
Das alles lässt sich in diesem Spätsommer nicht nur in Braunschweig nachverfolgen: Freunde mittelalterlicher Geschichte können ab 31. August auch ins nahe gelegene Magdeburg reisen, wo die große Gotikausstellung "Der Magdeburger Dom und die späte Stauferzeit" ihre Pforten öffnet und eine andere Perspektive auf den Machtkampf zwischen Welfen und Staufern ermöglicht.

Schließlich hängt der Bau des Magdeburger Doms ab 1209 eng mit der Kaiserkrönung Ottos IV. zusammen. Die Kathedrale war ein Symbol:
Denn der Welfe wandte sich demonstrativ von den spätromanisch geprägten Kirchen der Staufer ab und griff als erster in Deutschland die gotische Bauweise französischer Kathedralen auf. Ausdrücklich stellte sich Otto IV. auch in die Tradition des in Magdeburg begrabenen Kaisers Otto I. - ein weiterer Ausdruck der Distanz zu den glanzvollen Staufern.