Religion und Fußball haben kein ganz spannungsfreies Verhältnis

Tore, Gebete und Verbote

Doch die aktuelle Debatte um die Hymne von Schalke 04 ist ein Beispiel für das nicht immer spannungsfreie Zusammenspiel von Fußball und Religion. Fromme Christen und Muslime verdrehen angesichts der pseudoreligiösen Verehrung vieler Fans für ihren Verein schon mal die Augen. Und auch die Fußball-Funktionäre wollen, wenn auch aus anderen Motiven, den grünen Rasen nicht zum religiösen Raum machen. Auf dem Platz, und da liegt ja bekanntermaßen die Wahrheit, gelten strikte religiöse Regeln.

Autor/in:
Caroline Schulke
 (DR)

«Spieler dürfen keine Unterwäsche mit Slogans oder Werbeaufschriften zur Schau tragen. Die vorgeschriebene Grundausrüstung darf keine politischen, religiösen oder persönlichen Botschaften aufweisen», heißt es in den Spielregeln 2009/2010 des Weltfußballverbandes FIFA.
Und weiter: «Ein Spieler, der sein Hemd oder Trikot auszieht, um Slogans oder Werbeaufschriften zur Schau zu tragen, wird vom Ausrichter des betreffenden Wettbewerbs mit einer Strafe belegt.» Auch das Team des unbotmäßigen Sportlers muss laut Reglement mit Konsequenzen rechnen.

Den zitierten Passus enthalten auch die Fußballregeln des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Die schon zum gewohnten Bild in deutschen Stadien gewordenen T-Shirts mit Aufdrucken wie «Jesus lebt und liebt dich» oder «Gott ist treu» und «Gott ist meine Kraft» sind folglich unzulässig, erklärt Maximilian Geis von der DFB-Pressestelle. Insbesondere die Südamerikaner in der Bundesliga von Ze Roberto bis Cacau hat das bisher allerdings wenig interessiert. Tor schießen, Trikot lüften, Gelb kassieren - so sieht der Liga-Alltag aus. Eine Teamstrafe ist laut Regelwerk zwar möglich. Er könne sich aber an keinen Fall erinnern, so Geis.

Was im Ernstfall passieren kann - diese Erfahrung musste die brasilianische Nationalmannschaft beim Confederations Cup in Südafrika im Juni machen. Nach dem Sieg im Finale betete die Selecao geschlossen - in T-Shirts mit religiösen Botschaften. Dafür fing sie sich prompt eine Ermahnung der FIFA ein. Die Ägypter, die ebenfalls bei dem Turnier gemeinsam auf dem Feld gebetet hatten, wurden dagegen laut Medienberichten nicht ermahnt.

Zeitungen im katholischen Italien witterten daraufhin eine böse Grätsche gegen das Christentum. Besonders auf FIFA-Chef Joseph Blatter schossen sie sich ein. Dieser habe nach dem Confed-Finale die Brasilianer gerügt und davor gewarnt, Fußballspiele in religiöse Events umzuwandeln. Er werde sich dafür einsetzen, dass bei der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika «jede Art von religiöser Manifestation verboten» werde, wird Blatter zitiert. Es gebe «im Fußball keinen Platz für Religion». Der Verband will diese Aussagen weder bestätigen noch dementieren. «Die FIFA ist politisch und religiös neutral», betont ein FIFA-Sprecher in Genf. Es gebe aber ein Regelwerk, das eingehalten werden müsse.

Bislang stehen bei den diesbezüglichen Bestimmungen Kleidungsstücke mit religiösen Botschaften im Mittelpunkt - und nicht Gebete und religiöse Gesten. Der DFB sehe in dieser Frage keinen weiteren Handlungsbedarf, meint Geis. Auch bei Tätowierungen können Spieler sich weiter austoben. Der bei Bayern München spielende Franzose Franck Ribery darf also weiter vor dem Spiel in sich versunken zu Allah beten. Und der aktuelle Torschützenkönig Grafite vom VfL Wolfsburg muss sein Rosenkranz-Tattoo auf dem Oberarm nicht überkleben. Auf Schalke wiederum bleibt die Hymne weiter, wie sie ist. Ein Islamwissenschaftler konnte keine Verunglimpfung des Propheten Mohammed erkennen.