Kardinal Levada nun für Gespräche mit den Piusbrüdern zuständig

Heikle Spezialaufgabe für Ratzingers Nachfolger

Anders als sein Vorgänger Joseph Ratzinger ist Kardinal William Joseph Levada als Chef der Glaubenskongregation bislang nur wenig aus dem Schatten seines Papstes herausgetreten: War Ratzinger im Pontifikat Johannes Paul II. der mit Abstand bekannteste Kardinal, so ist der gebürtige Kalifornier bis heute ein weithin unbeschriebenes Blatt geblieben. Das wird sich nun ändern. Von Ludwig Ring-Eifel, Chefredakteur der Katholischen Nachrtichtenagentur.

 (DR)

In seinen vier Jahren an der Spitze der Glaubenskongregation hat Levada einige Grundsatzentscheidungen zu bioethischen Fragen getroffen, die ganz in der Linie seines Vorgängers liegen. Auch die Maßregelung des Befreiungstheologen Jon Sobrino vom 26. November 2006 hat er in Fortschreibung Ratzingerscher Vorgaben unterzeichnet.

Ähnliches gilt für das wohl bekannteste Dokument Levadas: Die vom Papst approbierten «Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche», die im Sommer 2007 weltweit für Unmut bei Protestanten sorgten, weil das Papier ihnen bescheinigte, keine Kirchen «im eigentlichen Sine» zu sein. Die «Antworten», die Levadas Unterschrift trugen, wichen inhaltlich nicht von der Linie Ratzingers ab, die dieser bereits sieben Jahre zuvor im Grundsatzpapier «Dominus Iesus» verkündet hatte.

In der römischen Kurie wurde deshalb mitunter gewitzelt, im Grunde führe Papst Benedikt XVI. die Leitung der Glaubenskongregation in Personalunion weiter - so, wie es auch in vormoderner Zeit im Vatikan üblich war. Wenn Benedikt XVI. Kardinal Levada jetzt die Verantwortung für die Gespräche mit den Piusbrüdern überträgt, zeigt das, dass er ihm mehr zutraut als mancher Außenstehende.

Der Papst hat ihn, unter anderem, schätzen gelernt bei der gemeinsamen Arbeit am katholischen Weltkatechismus. Von 1986 bis 1993 gehörte Levada dem Redaktionsgremium an, das in späterer Zeit für viele zu einem Karrieresprungbrett geworden ist. Sein feinsinniger Humor, sein eher leises Auftreten und sein differenziertes Abwägen führen dazu, dass Levada leicht unterschätzt wird. Doch kann er in der Sache hart sein - was etwa die katholischen Traditionalisten in San Francisco zu spüren bekamen, als der damalige Erzbischof Levada ihnen (noch im Vorgängerpontifikat) nicht erlaubte, in seinem Erzbistum die Messe nach dem alten Ritus zu feiern.

Der Pius-Obere Bernard Fellay, der bereits Anfang Juni zu einem ersten Erkundungsbesuch in Rom weilte, beschrieb Levada anschließend als einen sehr höflichen und freundlichen Mann. Vergleicht man das mit den bitteren Verbalattacken, die seitens der Piusbruderschaft gegen deutsche Bischöfe gefahren werden, ist es zumindest im Tonfall ein Hoffnungsschimmer, dass die Gespräche künftig sachlicher verlaufen.

Mindestens so wichtig wie Levada wird der künftige Ecclesia-Dei-Sekretär Guido Pozzo sein. Der aus Triest stammende Theologe ist ein prononcierter Verteidiger und Interpret des Zweiten Vatikanischen Konzils. Unter anderem hat er einen Kommentar zur dogmatischen Konstitution «Lumen Gentium», einem der wichtigsten Texte des Konzils geschrieben. 1999 verfasste er gemeinsam mit dem heute für Lebensschutzfragen zuständigen Kurienerzbischof Rino Fisichella eine Einführung in die systematische Theologie, die explizit auf den Ansätzen des Konzils fußt.

Auf einschlägigen Traditionalisten-Websites wird Pozzo unter anderem deshalb scharf kritisiert, weil er 2007 ein Papier der Internationalen Theologenkommission verteidigt hat, in dem argumentiert wird, dass Gott vermutlich auch ungetauft gestorbene Kinder nicht von seinem Heilswillen ausschließt - eine Position, die aus Sicht der fundamentalistischen Hardliner Verrat an älteren Glaubenstraditionen der Kirche darstellt.

Mit Spannung wird nun erwartet, wann die Gespräche zwischen Fellay, Pozzo, Levada und anderen, noch zu benennenden Experten beginnen, wie lange sie dauern, und welche Fragen auf den Tisch kommen. Schon jetzt steht aber fest, dass bei den Ergebnissen wieder der Papst das letzte Wort hat. Wie die Ergebnisse in etwa aussehen könnten, kann man schon heute in jenem Protokoll nachlesen, das der damalige Piusbruder-Chef (Marcel Lefebvre) und der damalige Präfekt der Glaubenskongregation (Ratzinger) am 5. Mai 1988 unterzeichnet haben, das aber später von Lefebvre einseitig widerrufen wurde. Darin hatte Lefebvre etwa Treue zum Papst erklärt und versprochen, sich künftig jeder Polemik gegen das Zweite Vatikanum zu enthalten.