Bischöfe der G-8-Staaten schreiben an Regierungschefs - Wortlaut

"Licht der Hoffnung für die Welt"

Vor dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs der G-8-Staaten in Italien haben die katholischen Bischöfe aus den größten Industriestaaten von der Politik verstärkte Maßnahmen im Kampf gegen Armut und Klimawandel gefordert. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) dokumentiert den am Mittwoch in Bonn veröffentlichten Brief, der von den Vorsitzenden der Bischofskonferenzen der USA, von Kanada, Japan, Russland, England und Wales, Schottland, Frankreich, Italien und Deutschland unterzeichnet wurde:

 (DR)

Exzellenzen, verehrte Staats- und Regierungschefs der G-8-Staaten, in Zeiten der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise wenden wir uns im Namen der Katholischen Bischofskonferenzen der G-8-Nationen an Sie und bitten Sie, sich beim bevorstehenden G-8-Gipfel in Italien noch stärker für den Schutz der Armen und die Belange der Entwicklungsländer einzusetzen. Vor dem Gipfeltreffen der 20 führenden Wirtschaftsnationen in London schrieb der Heilige Vater, Papst Benedikt XVI, in einem Brief an Premierminister Gordon Brown:

«Die gegenwärtige Krise hat das Schreckgespenst der Streichung oder drastischen Reduzierung ausländischer Hilfsprogramme heraufbeschworen, besonders für Afrika und für unterentwickelte Länder in anderen Teilen der Welt. Die Entwicklungshilfe, die günstige Handels- und Finanzbedingungen für unterentwickelte Länder sowie die Streichung der Auslandsschulden der ärmsten und am höchsten verschuldeten Länder einschließt, hat die Krise nicht verursacht und darf ihr um der Gerechtigkeit willen nicht zum Opfer fallen.»

Wir haben die moralische Verpflichtung, menschliches Leben zu schützen und die Menschenwürde zu achten. Unsere besondere Sorge gilt den ärmsten und schutzbedürftigsten Mitgliedern der Menschheitsfamilie. Im Antlitz der Armen sieht die Katholische Kirche das Antlitz Christi, dem wir in vielen Ländern der Welt dienen.

Die armen Länder haben am wenigsten zur derzeitigen globalen Wirtschaftskrise beigetragen, sie werden aber am meisten von ihren negativen Auswirkungen betroffen sein. Daher sollten die G-8-Staaten ihrer Verantwortung gerecht werden und den Dialog mit anderen Wirtschaftsmächten zur Verhinderung zukünftiger Wirtschaftskrisen fördern. Außerdem sollten sie ihre Verpflichtung zur Erhöhung der Offiziellen Entwicklungshilfe erfüllen, um die Armut auf der Welt zu lindern und die Millenniumsentwicklungsziele zu erreichen, insbesondere in den afrikanischen Ländern. Dies erfordert intensivere Partnerschaften mit Entwicklungsländern, damit die Menschen dort ihre eigene Entwicklung aktiv mitgestalten können.
Partizipation der Armen im politischen, staatlichen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich dient dem Wohl aller.
Maßnahmen zur Friedenssicherung sollten verstärkt werden, damit bewaffnete Konflikte die beteiligten Länder nicht länger ihrer Ressourcen berauben, die für ihre Entwicklung dringend gebraucht sind.

Auch der globale Klimawandel trifft die schwächsten Länder und Völker am meisten. Wieder haben sie am meisten unter den schädlichen Folgen zu leiden, obwohl sie ihn am wenigsten mit verursacht haben.

Wir katholischen Bischöfe sorgen uns besonders um die Armen, die die Folgen des Klimawandels am stärksten spüren. Es sollten konkrete Verpflichtungen vereinbart und Mechanismen geschaffen werden, um den zusätzlichen globalen Klimawandel abzuschwächen und arme Menschen und Entwicklungsländer bei der Anpassung an die negativen Auswirkungen zu unterstützen. Angemessene Technologien für eine dauerhafte Entwicklung sollten angewendet werden. Der Schutz der Armen und der Schutz unseres Planeten stehen nicht im Gegensatz zueinander, sondern bilden eine moralische Priorität für alle Menscher dieser Welt.

Der G-8-Gipfel findet inmitten der globalen Wirtschaftskrise statt. Seine Aktionen können dazu beitragen, ein Licht der Hoffnung in unsere Welt zu bringen. Wenn bei politischen Entscheidungen zuerst an die Auswirkungen auf die Armen und Schwachen gedacht wird, dann wird zum Wohl aller beigetragen werden. Als Menschheitsfamilie sind wir nur so stark wie unsere schwächsten Mitglieder.

Möge Ihr Treffen vom Geist der Zusammenarbeit geleitet sein und konkrete Maßnahmen zur Reduzierung der Armut und Milderung der Probleme des Klimawandels in Zeiten der Krise erbringen. Dafür beten wir.