Gesetze zu Patientenverfügungen sind selten in Europa

Ein bunter Teppich an Regelungen

Seit rund sechs Jahren debattiert der Bundestag über eine gesetzliche Regelung zur Patientenverfügung. Ob es am Donnerstag zu einer Entscheidung kommt, ist weiter ungewiss. Unterdessen haben manche Nachbarn wie Österreich konkrete Regelungen getroffen; in anderen Ländern allerdings gibt es eine ähnliche Rechtsunsicherheit wie in Deutschland. Die Katholische Nachrichten-Agentur gibt einen Überblick über die Rechtslage; er beruht teilweise auf Informationen der Deutschen Hospiz Stiftung.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Österreich hat 2006 ein eigenes Gesetz zu Patientenverfügungen verabschiedet. Danach haben die Willensbekundungen eine hohe Verbindlichkeit, jedoch werden strenge Formvorschriften gefordert. So muss die Verfügung schriftlich vorgelegt und vom Notar oder Rechtsanwalt kostenpflichtig beurkundet werden. Gefordert wird zudem eine Aktualisierung alle fünf Jahre und eine medizinische Pflichtberatung. Sofern nicht alle Voraussetzungen vollständig erfüllt sind, soll die Verfügung bei der Ermittlung des Patientenwillens lediglich mitbeachtet werden. Künstliche Ernährung und Flüssigkeitsversorgung können nicht untersagt werden.

In der Schweiz werden Patientenverfügungen bislang nicht ausdrücklich vom Gesetz geregelt; eine Verankerung im Zivilgesetzbuch ist aber für 2011 geplant. Dennoch wird der Patientenwille von den Ärzten in der Regel akzeptiert; das Hauptaugenmerk liegt auf der Selbstbestimmung des Patienten und der persönlichen Freiheit des Menschen. Verschiedene Organisationen wie die Caritas bieten Formulare für Patiententestamente an. An die Form werden wenige Bedingungen geknüpft: Bloße Schriftlichkeit genügt, es ist keine Datierung oder Erneuerung nötig.

In Belgien besteht mit dem Patientenrechtsgesetz von 2002 auch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Patientenverfügung. Patienten haben danach das Recht, eine Behandlung abzulehnen. Sie können dies auch vorab in einer Patientenverfügung tun, die verbindlich ist.

In den Niederlanden sind Patientenverfügungen im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert. Der Arzt kann von ihnen abweichen, wenn er dafür gute Gründe findet, etwa ernsthafte Zweifel an der Einsichtsfähigkeit des Patienten oder Unklarheit und zu große Interpretationsabhängigkeit der Verfügung. Die Beweispflicht liegt allerdings beim Arzt, wenn er vom Wunsch nach Behandlungsverzicht abweicht. Zugleich gibt es ein Zentralregister: Der Arzt ist vor jeder Behandlung verpflichtet, nach einer eventuellen Patientenverfügung zu sehen.

In Frankreich wurde 2005 das Gesetz über Patientenrechte am Lebensende verabschiedet. Danach hat jeder Patient das Recht, eine Behandlung zu verweigern, wenn er zuvor über die Risiken aufgeklärt wurde. Dennoch gibt es keine förmliche Patientenverfügung. Nach überwiegender Meinung haben solche Willensbekundungen zurzeit keine Rechtswirkung. Allerdings sollen sie als unverbindliche «Orientierungshilfe» ihre Berechtigung haben. In der Praxis sind sie nach Angaben der Deutschen Hospiz Stiftung kaum verbreitet.

In Großbritannien gibt es zwei Arten von Patientenverfügungen: eine einfache schriftliche oder mündliche «Erklärung eines allgemeinen Willens». Die gilt zwar als Richtlinie für die Ärzte, aber sie ist rechtlich nicht bindend. An die «weitergehende Verfügung» müssen sich die Ärzte dagegen halten. In ihr können Patienten festhalten, welche Behandlungen sie möchten und welche sie ausschließen. In solchen Fällen müssen die Verfügungen schriftlich vorliegen.

In Italien hat der Senat nur anderthalb Monate nach dem Streit um die Wachkomapatientin Eluana Englaro, die im Februar wenige Tage nach Abbruch der künstlichen Ernährung gestorben war, ein Patientenverfügungsgesetz beschlossen. Danach dürfen Italiener eine allerdings für die Ärzte nicht verbindliche Patientenverfügung vorlegen, in der sie ausdrücklich festhalten können, dass sie im Endstadium einer Krankheit Therapien ablehnen, wenn die Aussicht auf Genesung offenkundig gering ist. Die Ablehnung von künstlicher Ernährung und Flüssigkeitszufuhr ist jedoch untersagt. Die Opposition kündigte bereits eine Initiative für eine Volksabstimmung an, falls das umstrittene Gesetz auch im Abgeordnetenhaus gebilligt werden sollte.

In Dänemark wurde 1992 ein Register für Patientenverfügungen eingeführt, 1998 folgte das Gesetz über die Patientenrechte und 2002 das Gesetz zur palliativen Behandlung in der Sterbephase. In dem standardisierten Formular zur Patientenverfügung kann jeder Bürger lebensverlängernde Maßnahmen für die Sterbephase verbindlich ausschließen. Anders ist die Situation, wenn Bürger sich einen Behandlungsverzicht für den Fall wünschen, dass fortgeschrittene Demenz, ein Unfall oder Ähnliches den Patienten so schwer behindern, dass er «nie wieder physisch oder geistig in der Lage sein wird, sich selbst um sich zu kümmern». Dann liegt das weitere Vorgehen im Ermessen des Arztes.

In Polen kennt das Recht bislang keine ausdrückliche Regelung von Patientenverfügungen. Rechtlich sind alle Äußerungen eines Patienten, die dieser bei vollem Bewusstsein macht, grundsätzlich zu berücksichtigen, wenn sie im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften stehen. Der Ethikkodex sieht vor, dass der Arzt in der Sterbephase nicht verpflichtet ist, Wiederbelebungsmaßnahmen oder eine «hartnäckige» Intensivtherapie einzuleiten und durchzuführen oder außergewöhnliche Mittel anzuwenden.