Uneinigkeit über die Gewährung von Staatshilfen für den von Insolvenz bedrohten Konzern

Für Staatsknete hinten anstellen

Nach der Einigung auf eine Lösung zur Rettung des angeschlagenen Autoherstellers Opel ist in der Politik ein heftiger Streit über Hilfen für den von Insolvenz bedrohten Tourismus- und Warenhauskonzern Arcandor entbrannt. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) warnte am Wochenende vor einer Festlegung auf Staatshilfen. Unter anderem der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering sprach sich eindeutig dafür aus. Hilfen für den Karstadt-Mutterkonzern werden mittlerweile auch in der Union nicht mehr ausgeschlossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält nicht viel von einer Einmischung der Politik.

 (DR)

Es sei «nicht sinnvoll», wenn alle möglichen Politiker Ratschläge erteilen, wie mit Arcandor umzugehen sei, bevor nicht der zuständige Ausschuss Stellung bezogen habe, mahnte Merkel. Voraussetzung für staatliche Hilfe sei ein tragfähiges Geschäftsmodell. Um das zu prüfen, gebe es einen Bürgschafts- und Lenkungsausschuss mit entsprechenden Fachleuten.

Guttenberg sagte: «Das Schlimmste, was man dabei machen kann, ist, durch vorauseilende Versprechungen und durch das Ausschließen von Optionen die eigene Position zu schwächen.» Das habe die SPD bereits bei Opel in unverantwortlicher Weise getan. Jede Vorfestlegung schmälere nur die Verhandlungsgrundlage betroffener Unternehmen.

Müntefering ist für staatliche Hilfen. «Wir müssen da helfen. Die Bürgschaft, um die es da geht, scheint mir notwendig und zukunftsträchtig. Es geht bei Arcandor um viele Tausend Arbeitsplätze im wichtigen Dienstleistungssektor - überwiegend von Frauen», sagte er. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier setzt dagegen auf eine unternehmerische Lösung, wie er mit Blick auf die Gespräche von Arcandor und Metro über eine mögliche Fusion ihrer Warenhaustöchter Karstadt und Kaufhof sagte. «Ich spreche zurzeit mit Metro und Karstadt», sagte er.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) schließt Staatshilfen nicht grundsätzlich aus. Arcandors Bitte um staatliche Unterstützung müsse pragmatisch geprüft werden, sagte Koch. Dabei sei es nicht entscheidend, wie viele Mitarbeiter ein Unternehmen habe. «Der Maßstab ist nicht, wie viele Arbeitsplätze gerettet werden. Der Maßstab ist, ob das Unternehmen eine Zukunftschance hat - bei einem Unternehmen mit 5 und bei einem Unternehmen mit 50 000 Mitarbeitern», sagte Koch.

Entschiedener Widerstand gegen Staatshilfen kommt vom Unions-Wirtschaftsflügel. Der Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung in der Unions-Fraktion, Michael Fuchs, warf der Arcandor-Spitze grobes Missmanagement vor, das das Unternehmen seit Jahren immer wieder in die Nähe der Pleite gebracht habe. Es wäre daher unverantwortlich gegenüber den Steuerzahlern, Staatsgelder zur Rettung auszugeben. Vielmehr stünden das Bankhaus Sal. Oppenheimer und die Familie Schickedanz als Eigentümer in der Pflicht.

Arcandor benötigt eine Bürgschaft über 650 Millionen Euro und einen Kredit von 200 Millionen Euro, ansonsten droht dem Konzern die Insolvenz. Im Bürgschaftsausschuss der Bundesregierung war der Antrag von Arcandor am Donnerstag Thema. Eine Entscheidung steht noch nicht fest. Zu Arcandor gehören die Geschäftsfelder Einzelhandel (Karstadt), Tourismus (Thomas Cook) und Versandhandel (Primondo mit Quelle, Hess Natur). Für den Konzern arbeiten etwa 86 000 Menschen, davon 53 000 in Deutschland.