Auszüge der Rede

Papst Benedikt XVI. zum Abschluss seiner Nahost-Reise

Zum Abschluss seines Israel-Besuchs hat Papst Benedikt XVI. erneut eindringlich zu einem Ende der Feindseligkeiten zwischen Israelis und Palästinensern aufgerufen. Die katholische Nachrichten-Agentur
(KNA) dokumentiert Auszüge der Rede auf dem Flughafen von Tel Aviv in offizieller Übersetzung:

 (DR)

(...) Dieses Land ist wirklich ein fruchtbarer Boden für die Ökumene und für den interreligiösen Dialog, und ich bete, dass die reiche Vielfalt religiösen Zeugnisses in der Region in wachsendem gegenseitigen Verständnis und Respekt Frucht tragen wird.

Herr Präsident, Sie und ich haben einen Olivenbaum bei Ihrer Residenz am Tag meiner Ankunft in Israel gepflanzt. Der Olivenbaum ist, wie Sie wissen, ein Bild, das vom heiligen Paulus gebraucht wird, um die sehr engen Beziehungen zwischen Christen und Juden zu beschreiben. (...) Wir werden von den gleichen spirituellen Wurzeln genährt. Wir begegnen uns als Brüder - Brüder, die in unserer Geschichte gelegentlich ein gespanntes Verhältnis zueinander hatten, die aber unter der festen Verpflichtung stehen, Brücken für eine beständige Freundschaft zu bauen.

Auf die Zeremonie beim Präsidentenpalast folgte einer der feierlichsten Augenblicke meines Aufenthalts in Israel - mein Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem, wo ich den Opfern der Schoah meine Ehre erwiesen habe. Dort traf ich auch mit einigen Überlebenden zusammen. Diese tief bewegenden Begegnungen brachten mir meinen Besuch vor drei Jahren im Vernichtungslager Auschwitz in Erinnerung, wo so viele Juden - Mütter, Väter, Eheleute, Söhne, Töchter, Brüder, Schwestern, Freunde - durch ein gottloses Regime, das eine Ideologie des Antisemitismus und des Hasses verbreitete, brutal ausgetilgt worden sind. Dieses entsetzliche Kapitel der Geschichte darf nie vergessen oder geleugnet werden! Im Gegenteil, diese furchtbaren Erinnerungen sollten uns in der Entschiedenheit stärken, enger zusammenzurücken als Zweige des gleichen Olivenbaums, die von den gleichen Wurzeln genährt werden und in brüderlicher Liebe geeint sind.

(...) Ich möchte festhalten, dass ich in dieses Land als Freund der Israelis zu Besuch gekommen bin, genauso wie ich auch ein Freund des palästinensischen Volkes bin. Freunde verbringen gerne ihre Zeit miteinander, und es betrübt sie sehr zu sehen, wie der andere leidet. Ein Freund der Israelis und der Palästinenser kann nur traurig sein über die weiter bestehende Spannung zwischen Ihren beiden Völkern. Ein Freund kann nur weinen angesichts des Leids und des Verlusts von Menschenleben, die beide Völker in den vergangenen sechs Jahrzehnten erlitten haben.

Erlauben Sie mir, diesen Appell an alle Menschen dieser Länder zu
richten: Kein Blutvergießen mehr! Keine Kämpfe mehr! Kein Terrorismus mehr! Kein Krieg mehr! Lasst uns stattdessen den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen! Lasst bleibenden Frieden herrschen, der auf Gerechtigkeit gründet, lasst echte Versöhnung und Heilung walten. Es möge allgemein anerkannt werden, dass der Staat Israel das Recht hat, zu existieren und Frieden und Sicherheit innerhalb international vereinbarter Grenzen zu genießen. Ebenso möge anerkannt werden, dass das palästinensische Volk ein Recht auf eine souveräne, unabhängige Heimat, auf ein Leben in Würde und auf Reisefreiheit hat. Die Zwei-Staaten-Lösung möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben. (...)

Einer der traurigsten Anblicke während meines Besuchs hier war für mich die Mauer. Als ich an ihr vorbeikam, habe ich für eine Zukunft gebetet, in der die Völker des Heiligen Landes in Frieden und Eintracht zusammenleben können, ohne solche Instrumente der Sicherheit und der Trennung zu brauchen, sondern vielmehr in gegenseitiger Achtung und Vertrauen zueinander sowie unter Verzicht auf alle Formen der Gewalt und Aggression.

Herr Präsident, ich weiß, wie hart es sein wird, dieses Ziel zu erreichen. Ich weiß, wie schwierig Ihre Aufgabe ist, genau wie jene der palästinensischen Autonomiebehörde. Ich versichere Sie jedoch meiner Gebete, und die Gebete der Katholiken in aller Welt begleiten Sie in Ihren weiteren Bemühungen, einen gerechten und dauerhaften Frieden in dieser Region zu schaffen. (...)