Bonner Friedensforscher erarbeiten neue Weltrangliste

"Eritrea weltweit am stärksten militarisiert"

Eritrea ist nach einer neuen Rangliste Bonner Friedensforscher das am stärksten militarisierte Land der Welt. Auf dem erstmals in Bonn vorgestellten Index folgen Syrien und Israel. Russland liegt auf Platz 13, die USA auf Rang 38. Deutschland belegt den 94. Platz unter den mehr als 150 untersuchten Staaten.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Am Ende der Skala stehen Gambia, Papua-Neuguinea und Mauritius. Erstellt hat den "Globalen Militarisierungsindex" das Internationale Konversionszentrum Bonn (BICC), das zu den führenden Friedens- und Konfliktforschungsinstituten Deutschlands gehört und in diesem Jahr sein 15-jähriges Bestehen feiert. Der Index soll der Politik Anhaltspunkte bei Länderbewertungen für die Entwicklungszusammenarbeit und die Außenpolitik liefern.

Für die Tabelle haben die Wissenschaftler die Militärausgaben eines Landes ins Verhältnis zu seinem Bruttoinlandsprodukt (BIP) sowie zu seinen Ausgaben für die medizinische Versorgung gesetzt. Dabei wurde die Gesamtzahl militärischer und paramilitärischer Kräfte der Zahl der Ärzte gegenübergestellt. Außerdem berücksichtigt die Rangliste die Menge an schweren Waffen, die den Streitkräften eines Landes zur Verfügung stehen.

20 Prozent des BIP für die Streitkräfte
Für Eritrea kommen dabei verheerende Werte zutage: Der verarmte ostafrikanische Staat wendet mehr als 20 Prozent seines BIP für die Streitkräfte auf - im Vergleich zu lediglich 3,7 Prozent für die öffentliche Gesundheitsversorgung. "Angesichts der extremen Armut Eritreas ist dieses Missverhältnis zwischen Militär- und Sozialausgaben als höchst problematisch anzusehen", betont Marc von Boemcken, Projektleiter für Rüstungsdaten beim BICC.

BICC-Direktor Peter J. Croll warnte allerdings zugleich davor, die Rangliste mit normativen oder moralischen Wertungen zu überfrachten.
Zwar könne eine hohe Einstufung auf dem Index auf schwere Unzulänglichkeiten in der Regierungsführung hinweisen, sagte er.
Doch müsse ein hoher Militarisierungsgrad nicht zwangsläufig verwerflich sein.

Boemcken verweist auf Israel, dessen hohe Aufwendungen für den Militärsektor angesichts der Bedrohungen, mit denen es sich konfrontiert sieht, durchaus gerechtfertigt sein könnten. Umgekehrt kann ein niedriger Militarisierungsgrad nach Meinung der Friedensforscher höchst problematisch sein: Etwa in Staaten, in denen die Herrscher nicht willens oder fähig seien, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Laut Index sind etwa in vielen Staaten Afrikas südlich der Sahara die Militärausgaben auch gemessen an der Wirtschaftsleistung erstaunlich niedrig - auch zum Vorteil von Machthabern und Eliten, die ihre eigenen Ziele mit Waffengewalt und Privatmilizen verfolgen. "Tatsächlich gibt es Anzeichen dafür, dass in etlichen Ländern mit einer niedrigen Einstufung ein hohes Maß an interner Unruhe und Gewalt herrscht", bilanzierte von Boemcken.