Berliner NS-Gedenkzentrum feiert Richtfest

Wo die Schreibtische der Massenmörder standen

Ein Besuchermagnet ist die Berliner "Topographie des Terrors" jetzt schon. Die Schautafeln unter freiem Himmel und die Gebäudereste auf dem Gelände der früheren nationalsozialistischen Terrorzentrale haben jährlich mehr als eine halbe Million Besucher. Nach langem Streit über das architektonische Konzept ist die Dokumentationsstätte nun im Rohbau fertig.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
 (DR)

Am Montag wurde Richtfest gefeiert, am 8. Mai 2010, dem 65. Jahrestag des Kriegsendes, soll die Einrichtung eröffnet werden.

Das Gelände liegt im Stadtzentrum, nur wenige hundert Meter südlich des neuen Hochhaus-Ensembles am Potsdamer Platz. Gegenüber dem heutigen Bundesfinanzministerium und früheren NS-Luftfahrtministerium befanden sich bis 1945 die Zentralstellen von SS, Gestapo und anderen Terrororganisationen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die zwar kriegsbeschädigten, aber weitgehend noch erhaltenen Bauten abgerissen, das Areal planiert und einer Bauschuttverwertungsfirma überlassen. Auch durch die Berliner Mauer unmittelbar am Rande des Geländes geriet dessen Geschichte immer mehr in Vergessenheit.

Erster Anlauf Anfang der 80er Jahre
Der erste Anlauf für ein Dokumentationszentrum von Seiten des Senats kam Anfang der 80er Jahre, nachdem Bürgerinitiativen die Geschichte des Ortes wieder in Erinnerung gerufen hatten. Die Senatoren lobten einen Wettbewerb zur Gestaltung des Geländes aus, der prämierte Entwurf wurde aber nicht verwirklicht. An seiner Stelle entstand 1987 im Rahmen der 750-Jahr-Feier Berlins eine provisorische Ausstellungshalle mit Informationen zu den freigelegten Gebäuderesten.

Rund zehn Jahre später startete der Senat einen neuen Wettbewerb.
Prämiert wurde das ambitionierte Konzept des Schweizer Architekten Peter Zumthor. Nachdem der Kostenrahmen von damals 38 Millionen Euro nicht einzuhalten war, wurde der schon begonnene Bau abgerissen. Ein weiterer Anlauf wurde genommen - neuer Bauherr ist auf Bitten des Landes Berlins der Bund. Nach dem Entwurf des Berliner Architektenbüros Heinle, Wischer und Partner entsteht nun ein pavillonartiger Bau, der die historische Stätte nicht dominiert. Er umfasst eine Bibliothek, Ausstellungs- und Seminarräume. Dafür werden gut 22 Millionen Euro veranschlagt, für eine neue Ausstellung weitere 4 Millionen. Bund und Land Berlin teilen sich die Kosten.

"Ort mit weltpolitischer Dimension"
Der Staatssekretär im Bundesbauministerium, Engelbert Lütke Daldrup, erklärte beim Richtfest, Aufklärung brauche den authentischen Ort der Täter. Dort seien der Völkermord an den europäischen Juden und weitere Massenverbrechen organisiert worden. Die Vertreterin von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU), Ingeborg Berggreen-Merkel, erinnerte auch an die rund 1.500 NS-Gegner, die im "Hausgefängnis" der Geheimen Staatspolizei inhaftiert und gefoltert wurden.

Der Geschäftsführende Direktor der Topographie-Stiftung, Andreas Nachama, bezeichnete das Gelände als "Ort mit weltpolitischer Dimension". Hier sei zu sehen, wohin Weltmachtträume, Rassismus und Antisemitismus führten. Nun solle die neue Dokumentationsstätte vor Augen führen, "was geschieht, wenn eine Kultur sich selbst vergisst", betonte der Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, Florian Mausbach.