Beziehungen zwischen Vatikan und Israel bleiben kompliziert

Papst auf schwierigem Terrain

Es war schon immer ein besonderes Verhältnis. Zwar haben der Vatikan und Israel vor 15 Jahren ihre Kontakte normalisiert und Botschafter ausgetauscht - nach langer offizieller "Beziehungslosigkeit". Es begannen ein reger Kultur- und Wissenschaftsaustausch und viele gemeinsame Initiativen. Dennoch bleibt der Kontakt, dem der Heilige Stuhl wie der jüdische Staat hohe Bedeutung beimessen, weiter kompliziert und anfällig für Erschütterungen. Die Heilig-Land-Reise von Papst Benedikt XVI. Mitte Mai ist daher Herausforderung und Bewährungsprobe.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Ausschlaggebend für das Verhältnis zwischen Vatikan und Israel war seit der Staatsgründung die angespannte politische Lage und die völkerrechtlich unklare Situation in Nahost. Belastet wurde es zusätzlich durch das religiös aufgeheizte Klima. Die Verquickung von Religion und Politik sorgt immer wieder für Zündstoff. Seit einigen Jahren versucht daher der zuständige Kurienkardinal Walter Kasper, die Politik strikt aus dem religiösen Dialog herauszuhalten - mit Erfolg. Die Beziehungen etwa zum Jerusalemer Großrabbinat sind heute so vertrauensvoll, dass selbst die Affäre um den Holocaust-Leugner Richard Williamson nicht zum interreligiösen Desaster führte.
Allerdings verfolgen nicht alle diese Linie: Immer wieder wird die religiöse Debatte durch Politiker und Funktionäre instrumentalisiert..

Schon vor dem Botschafteraustausch 1994 gab es Gesprächskanäle zwischen dem Heiligen Stuhl und Israel. Bereits 1948 signalisierte der junge Staat Interesse an einem Kontakt. Ministerpräsidentin Golda Meir oder Außenminister Abba Eban kamen zur Audienz beim Papst. Der lehnte jedoch eine formelle Aufnahme von Beziehungen jahrzehntelang ab - aus politischen Gründen: wegen der ungeklärten Grenzfrage, des Flüchtlingsproblems, des Status von Jerusalem und mit Rücksicht auf die Christen in arabischen Ländern. Die Absage habe nichts mit religiösen Gründen zu tun, machte der Vatikan deutlich. Denn mit dem Konzil (1962-1965) hat die Kirche ihr gestörtes Verhältnis zum Judentum neu orientiert.

Mit dem Friedensprozess von Madrid und Oslo sah sich der Vatikan in Zugzwang, den Botschafteraustausch mit Israel zu forcieren. Ende 1993 unterzeichneten beide Seiten einen Grundlagenvertrag. Der ist freilich bis heute nicht vollständig umgesetzt, wie der Vatikan moniert. Insbesondere die Wirtschafts- und Eigentumsfragen sind nicht abschließend geklärt. Israel will die bisherige Steuerbefreiung für katholische Krankenhäuser, Schulen und Gästehäuser abschaffen; der Vatikan beharrt darauf. In den Verhandlungen soll es neuerdings Fortschritte geben; eine Unterzeichnung zum Papstbesuch scheint jedoch unwahrscheinlich.

Verstimmungen gab es auch in anderen Bereichen: In Nazareth gab Israel 2001 zunächst grünes Licht für eine große Moschee unmittelbar vor der Verkündigungsbasilika. Nach internationalen Protesten und langen Verhandlungen wurde der Bau jedoch untersagt. Für Spannungen sorgte 2002 die Besetzung und Belagerung der Geburtskirche in Bethlehem, bei der auch ein Kirchenbediensteter von Scharfschützen erschossen wurde.

Unzufrieden ist der Vatikan schließlich über die Visa-Affäre. Im Rahmen neuer Sicherheitsvorkehrungen wurden die Reisevorschriften für ausländische Kleriker verschärft. Betroffen ist vor allem das Lateinische Patriarchat, dessen Priester zum großen Teil aus arabischen Nachbarländern stammen. Dazu kommt die generelle Sorge des Vatikan über die immer wieder aufbrechende Gewalt und Gegengewalt in der Region. Der Heilige Stuhl, der nachdrücklich für den Friedensprozess und für eine Zwei-Staaten-Lösung eintritt, äußerte sich besorgt über die zahllosen zivilen Opfer der Zweiten Intifada wie des Gaza-Krieges. Dabei hat er insbesondere die einheimischen Christen und ihren anhaltenden Exodus im Blick.

Gerade die Zukunft der Christen steht im Fokus der Heilig-Land-Reise. Dabei will sich Benedikt XVI. für eine gerechte Friedenslösung einsetzen, die allen in der Region zugutekommt. Damit dürfte er es bei der neuen israelischen Regierung schwerer haben, die zu den Themen Friedensprozess, Zwei-Staaten-Regelung und Jerusalem-Status andere politische Akzente setzt als die vorige. Der Besuch von Johannes Paul II. im Jahr 2000 - auf dem Höhepunkt der damaligen Friedens-Euphorie - war ein Durchbruch für die vatikanisch-israelischen Beziehungen und ein persönlicher Erfolg des polnischen Papstes. Für den aus Deutschland stammenden Benedikt XVI. ist die Situation in vielem schwieriger.