Christen aus Gaza hoffen auf Begegnung mit dem Papst

"Endlich mal wieder raus"

Mit dem Papstbesuch im Heiligen Land rückt auch die kleine katholische Pfarrei von Gaza-Stadt ins Licht der Öffentlichkeit: Begleitet von den Kameras der Weltpresse soll eine 200 Mitglieder starke Delegation aus dem hermetisch abgeriegelten Krisengebiet zum Papstgottesdienst am 13. Mai nach Bethlehem fahren. Noch aber ist die Stimmung vor dem Event gedrückt.

Autor/in:
Gabi Fröhlich
 (DR)

Die Visa sind zwar beantragt, aber von Israel gibt es bislang keine Bestätigung. Die Katholiken von Gaza hoffen sehnlich, das begehrte Papier bald in der Hand zu halten. Für sie bedeutet der Papstbesuch vor allem eins: Endlich mal wieder raus aus «dem größten Freilichtgefängnis der Welt», wie sie es nennen.

Nachdem die Christen in dem Krisengebiet zu diesem Osterfest erstmals keine einzige Durchgangsgenehmigung für die Feiern in Jerusalem bekommen haben, drängt es sie nun umso mehr weg von der aussichtslos scheinenden Situation daheim. Aber auch wenn die Gruppe aus Gaza bis zur Papstmesse in Bethlehem durchkommt - für eine persönliche Begegnung einiger von ihnen mit dem Heiligen Vater hat die offizielle Planung nur wenige Minuten vorgesehen: «Für mehr als ein Händeschütteln reicht das kaum», meint Pfarrer Manuel Musallam enttäuscht. Er habe sich einen «echten Austausch» erhofft.

Der umtriebige Pfarrer selbst wird bei den Begegnungen mit dem Kirchenoberhaupt nicht mehr dabei sein: Noch vor dem Eintreffen von Benedikt XVI. will er den Gazastreifen verlassen und erst mal eine Auszeit nehmen. Nach 15 Jahren in dem Krisengebiet ist er nach eigener Aussage «einfach erschöpft». Das schwere Erbe seiner Nachfolge tritt der 34 Jahre junge Argentinier Jorge Hernandez von der Gemeinschaft «Verbo Incarnado» (Fleischgewordenes Wort) an.

Die 300-Seelen-Pfarrei lässt ihren alten Pfarrer nur schweren Herzens ziehen: Das 71-jährige Schwergewicht aus dem palästinensischen Birzeit ist nicht nur erfahren, sondern auch ein außergewöhnlich starker Charakter. Vor allem hielt er rege Kontakte zur muslimischen Mehrheit - bis hin zur obersten Spitze der Hamas-Regierung. Für die weiter schrumpfende christliche Minderheit im Gazastreifen war das ein wichtiger Schutz inmitten einer sich zunehmend radikalisierenden muslimischen Umgebung. Dass der junge Ausländer Hernandez diese Rolle nicht wird spielen können, ist allen klar. So fühlt sich die kleine Gemeinde in ihrer doppelt schwierigen Lage wie verwaist.

Nur wenige Christen hält es angesichts der düsteren Zukunftsaussichten freiwillig im Gazastreifen: Immer wieder nutzen einzelne die begehrten Passierscheine, die Israel ihnen für die Feiertage gewährt, zur Flucht ins Ausland. Das könnte auch nach der Papstmesse in Bethlehem passieren. So geschieht im Gazastreifen besonders, was die Kirche im ganzen Heiligen Land beklagt: das Ausbluten einer traditionsreichen christlichen Gemeinschaft.

Tatsächlich reichen die Wurzeln des Christentums in dem Küstenstreifen zurück bis in die Antike: Im vierten Jahrhundert begründete Hilarius aus Gaza, Schüler des Wüstenvaters Antonius, das palästinensische Mönchtum. Ein Zeuge der im Mittelalter als «Christen des Gürtels» bekannten Gemeinschaft ist die zentrale El-Omari-Moschee, deren Grundgerüst die Kreuzfahrerkirche «Johannes der Täufer» ist.

Die Überreste zweier spätantiker Klöster in Tabatha und Jabaliya erinnern an die christliche Blütezeit im Gazastreifen. Mit französischer Unterstützung sollte dort ein großes Museum entstehen; doch wegen der jüngsten Kämpfe ist das Projekt eingefroren. Ob die wertvollen Ausgrabungen in Mitleidenschaft gezogen wurden, wissen die ausländischen Experten bislang nicht.

Die «lebendigen Steine», wie die Christen im Heiligen Land sich nennen, hoffen unterdessen ohne allzu große Zuversicht, dass der Papstbesuch gewisse Besserungen für sie erwirken kann. Die Gemeinde von Gaza hat jedenfalls schon ein Geschenk für das Kirchenoberhaupt eingepackt: ein handgefertigtes palästinensisches Gewand, das für eine Marienstatue im Vatikan bestimmt ist. So, meint der scheidende Pfarrer Musallam, könne der Papst «jeden Tag in seinen Gebeten an den Gazastreifen denken».