EU-Parlament will Erbkrankheiten durch Embryonen-Selektion bekämpfen

Appelle verhallten ungehört

Das EU-Parlament hat sich in einem Strategiepapier zum Kampf gegen seltene Krankheiten für die ethisch äußerst umstrittene Präimplantationsdiagnostik (PID) ausgesprochen. Trotz des Protests von Behinderten- und Sozial- Verbänden nahmen die Straßburger Abgeordneten am Donnerstag einen entsprechenden Änderungsantrag an. Die PID dient einer gezielten Auswahl von Embryonen nach einer künstlichen Befruchtung, um schwere Erbkrankheiten zu verhindern. In Deutschland ist ein solches Vorgehen verboten, weil die aussortierten Embryonen getötet werden.

 (DR)

In Großbritannien, den USA und anderen Ländern ist die PID dagegen bereits eine gängige Methode. Für Aufsehen hatte Anfang des Jahres die Geburt eines britischen Mädchens gesorgt, das nach einem entsprechenden Eingriff der Ärzte ohne Angst vor Brustkrebs aufwachsen kann. Hätte es das gefährliche Brustkrebs-Gen seines Vaters geerbt, wäre es mit bis zu 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit später erkrankt.

Das Strategiepapier des Parlaments, über das noch im EU-Ministerrat beraten werden muss, ist rein empfehlender Natur. Die Abgeordneten betonen auch, dass nationale Vorschriften in jedem Fall respektiert werden. Verbände wie die Lebenshilfe und der Paritätische Wohlfahrtsverband hatten dennoch heftig gegen den Änderungsantrag protestiert. Das Ziel, Patienten europaweit zu helfen, werde ins Gegenteil verkehrt, so die Organisationen.

Mit einer anderen Forderung konnten sich die Kritiker dagegen
durchsetzen: Das Plenum entschärfte den Wortlaut des Paragrafen, in dem zunächst von einer «Ausmerzung» seltener Krankheiten die Rede war. Insbesondere in Deutschland hatte dieser Begriff Erinnerungen an den Nationalsozialismus geweckt. Im Text heißt es nun lediglich, es sollten Bemühungen unterstützt werden, «um seltene Erbkrankheiten zu verhindern».

Der CDU-Abgeordnete Peter Liese, dessen Fraktion EVP-ED gegen den Antrag gestimmt hatte, zeigte sich dennoch unzufrieden. «Ich appelliere dringend an die Bundesregierung und die anderen Mitgliedstaaten, diesen Teil des Trakatellis-Berichtes nicht zu übernehmen», erklärte er. Das psychologische Signal der Mehrheit des Parlamentes sei «sehr schlimm». Humangenetische Beratung «muss Paare unterstützen und darf sie nicht in eine Richtung drängen, keine Kinder zu bekommen oder nicht perfekte Embryonen auszusortieren», sagte Liese, der die Arbeitsgruppe Bioethik der EVP-ED leitet.