Kabinett beschließt Rechtsgrundlage für Internet-Sperren - UNICEF, Grüne und Linke unzufrieden

Kinderporno-Blockade per Gesetz

Der Kampf gegen Kinderpornos im Internet bekommt bald eine rechtliche Grundlage. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch einen Gesetzentwurf, der Anbieter von Internetzugängen dazu verpflichtet, den Zugriff auf solche Inhalte zu erschweren. Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) betonte, die gesetzliche Regelung werde rund 97 Prozent der Marktteilnehmer betreffen. Ausgenommen seien kleinere Anbieter mit unter 10 000 Kunden. Dies sei noch eine "Schwachstelle". Der Kinderhilfswerk UNICEF begrüßte den Beschluss, forderte aber weitere Schritte. Zugangssperren seien nicht ausreichend. Die gleiche Kritik kam auch aus der Opposition.

Autor/in:
Christiane Jacke
 (DR)

Das geplante «Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen» verpflichtet alle großen privaten Anbieter von Internetzugängen, mit technischen Mitteln den Zugang zu einschlägigen Seiten zu behindern. Was zu sperren ist, bestimmt das Bundeskriminalamt (BKA). Nutzer, die künftig Seiten mit Kinderpornos aufrufen wollen, stoßen auf ein Stopp-Meldung. Die Seiten bleiben weiterhin im Netz, nur der Zugriff wird erschwert.

Laut Gesetzentwurf dürfen die Strafverfolgungsbehörden die anfallenden Daten auch zur Ermittlung nutzen. Das heißt, sie können beobachten, wer versucht, auf kinderpornografische Seiten zuzugreifen. Dies geschehe jedoch «in Echtzeit», betonte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD). Die Daten würden nicht gespeichert.

Die neuen Regelungen sehen Änderungen am Telemediengesetz und am Telekommunikationsgesetz vor. Zuständig dafür ist das Wirtschaftsministerium. Ressortchef Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) betonte, das Vorhaben sei «gesetzliches Neuland». Geplant sei, das Gesetz zwei Jahre nach Inkrafttreten zu überprüfen. Von der Leyen sagte, auch die Lücke bei der Marktabdeckung werde dabei eine Rolle spielen.

Die Familienministerin hatte in den vergangenen Wochen bereits mit Internet-Providern über freiwillige Verträge zur Sperrung von Kinderpornoseiten verhandelt. Erst vor wenigen Tagen hatten fünf große Unternehmen solche Vereinbarungen unterschrieben - darunter die Deutsche Telekom. Von der Leyen sagte, inzwischen hätten sich auch die Anbieter Versatel sowie 1 & 1 zu solchen Verträgen bereiterklärt.

1 & 1-Sprecher Andreas Maurer sagte jedoch, es mache nun keinen Sinn mehr, eine freiwillige Vereinbarung zu unterschreiben. Sein Unternehmen werde auf das Gesetz warten. Auch Versatel-Sprecherin Jana Wessel betonte, ihrem Haus liege kein Vertrag vor. Solange das Unternehmen die Formulierungen der Vereinbarung nicht kenne, könne es auch nicht unterzeichnen. Man sei jedoch weiter bereit zum Dialog.

Kritiker befürchten, die Seitensperrungen könnten erst der Anfang einer umfassenden Internetzensur sein. Auch Zypries hatte mit von der Leyen lange über die Pläne gestritten und verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. Zypries sagte nun, es sei ihr wichtig gewesen, die richtige Rechtsform zu finden. Das sei gelungen. Guttenberg betonte, eine Zensur sei nicht beabsichtigt, aber Meinungsfreiheit sei nicht schrankenlos.

Zweifel gibt es auch an der Effektivität der Internet-Blockaden. Die Geschäftsführerin von UNICEF Deutschland, Regine Stachelhaus, sagte, Zugangssperren seien «notwendig, aber nicht die Lösung des Problems». Entscheidend seien mehr Mittel für Prävention und Hilfsangebote sowie eine bessere internationale Strafverfolgung. Auch die Grünen und die Linken monierten, Sperren allein reichten nicht aus. Guttenberg räumte ein, das Gesetz sei «kein Allheilmittel», aber ein «wesentlicher Baustein», um die Kinder zu schützen und den Markt der Kinderpornografie «so weit es eben geht auszutrocknen».