Bischof Huber zur Diskussion um die Bewertung der DDR-Geschichte

"Wir dürfen das Unrecht nicht klein reden"

Eine neue Runde im Streit um die Bewertung der DDR-Geschichte: Nach SPD-Chef Franz Müntefering und Gesine Schwan hat nun auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, hat vor einer nachträglichen Idealisierung der DDR gewarnt.

 (DR)

"Wir dürfen das Unrecht, das in der DDR geschah, nicht vergessen und nicht klein reden", sagte der Berliner Bischof am Sonntagabend in der Berliner St. Matthäus Kirche nach einem vorab verbreiteten Redetext. "Das sind wir den Opfern schuldig."

"Unrecht war es, wenn einer im Knast saß, weil er frei seine Meinung sagte. Unrecht war es, Menschen an der Mauer ums Leben zu bringen, weil sie in die Freiheit wollten", fügte Huber in einer Dialogpredigt mit dem letzten DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière hinzu. Der Bischof erinnerte an den Mut derer, die im Herbst 1989 auf die Straße gingen. "Sie standen gegen das Unrecht auf. Sie hatten Angst - aber sie hatten noch mehr Mut." Das Jahr 1989 habe den Deutschen und den Europäern die größte historische Wende seit dem Kriegsende 1945 gebracht.

Das Netz, in dem Bürgerinnen und Bürger der DDR lebten, sei engmaschig gespannt gewesen, so Huber weiter: "Für kaum jemanden gab es ein Entkommen; 136 Menschen bezahlten allein an der Berliner Mauer einen derartigen Versuch mit dem Leben." Es gebe daher keinen Grund, heute "den Unrechtscharakter des DDR-Staates mit schönen Worten zu übertünchen". Der Freiheitsjubel von 1989 sei deswegen berechtigt. "Dem gemeinsamen Deutschland hätte es nach meiner Überzeugung gut getan, wenn etwas mehr davon erhalten geblieben wäre."