Die berühmte Prozession von Popayan sucht Werbepartner

Ein Sponsor für Karfreitag

Die uralte Prozession von Popayan in der Osterwoche ist weit über die kolumbianischen Grenzen bekannt. Aus aller Welt strömen Pilger und Touristen in die engen Gassen der Stadt. Erstmals marschierten vor 453 Jahren gläubige Christen durch die Straßen Popayans, um an das Leiden Jesu Christi am Kreuz zu erinnern. Ein knappes halbes Jahrtausend später sorgt die Prozession für Zündstoff ganz besonderer Art.

Autor/in:
Tobias Käufer
 (DR)

Die Preise sind gesalzen: Immerhin 2,5 Millionen kolumbianische Pesos (umgerechnet etwa 800 Euro) kostet eine Werbung mit dem Konterfei von Jesus Christus während der "Semana Santa", der Heiligen Woche.  

Weil die Kassen leer, aber die Kosten des farbenfrohen Spektakels hoch sind, brechen die Organisatoren mit einem Tabu. Erstmals sollen große Werbebanner mit religiösen Motiven das Bild der traditionsreichen Tage von Popayan maßgeblich mitprägen..

Folge der Weltwirtschaftskrise
Als Folge der Weltwirtschaftskrise kürzte das kolumbianische Kulturministerium die Fördergelder drastisch, die Einnahmen aus dem privaten Sektor gingen gar um die Hälfte zurück. Für den Fortbestand der Prozession von Popayan hat das dramatische Konsequenzen: "Rund 90 Prozent unseres Etats brauchen wir allein, um die Prozessionen in den Straßen abzuhalten", sagt Felipe Velasco, der dem Förderverein "Pro Semana Santa" angehört.

Doch jetzt klafft ein dickes Loch zwischen Einnahmen und Ausgaben, die sich nach offiziellen Angaben auf insgesamt etwa 80.000 Euro pro Jahr belaufen. Ein gutes Drittel davon ist nötig, um die vielen Kunstwerke, die während der Osterwoche das Bild der Stadt prägen, vor dem Verfall zu schützen.

Deshalb kamen die Organisatoren auf eine ebenso umstrittene wie pfiffige Idee: In das Straßenbild sollen sich künftig nicht nur die traditionsreichen, jahrhundertealten Motive wie 356 religiöse Bilder und 4.800 Ornamente einreihen. Werbebanner mit den wichtigsten christlichen Protagonisten der Prozession sollen die dringend benötigten Pesos in die leeren Kassen spülen.

Beigesteuert hat die werbewirksamen Kunstwerke der Künstler Adolfo Torres. Dessen Bilder sind an 23 strategischen Punkten entlang des Prozessionsweges im Schwenkbereich der Kameras des kolumbianischen Fernsehens platziert. Wie bei der Übertragung eines Fußballspiels werden die Zuschauer dann stets eine Werbebotschaft eines Sponsoren zu sehen bekommen, während die Teilnehmer der Prozession durch das Fernsehbild marschieren.

12 Werbebanner
Torres entwarf eigens aus diesem Anlass insgesamt 12 Werbebanner, die 2,80 Meter lang und 1,10 breit sind. Neben der Darstellung einer gekreuzigten Christus-Figur wählte er dabei auch aktuelle politische
Motive: Auf einer Werbebande ist etwa ein Jesus mit amputierten Bein zu sehen - als Opfer einer Anti-Personen-Mine. Zu den Motiven gesellt sich der Name eines Sponsors oder eines Produktes und fertig ist der Anzeigenmix.

Felipe Velasco verteidigt den Tabu-Bruch mit den aktuellen Zahlen:
"Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir es nicht mehr garantieren können, die traditionsreichen Kunstwerke fachgerecht zu lagern und unsere beiden Restauratoren auch in Zukunft bezahlen zu können. Wenn wir jetzt nicht reagieren, wird es in spätestens zehn Jahren keine Prozessionen mehr in Popayan geben."

Ganz auf die Einnahmen aus der Werbung wollen sich die Organisation von Popayan allerdings nicht verlassen: Sie haben Kolumbiens Staatspräsident Alvaro Uribe und Kulturministerin Paula Marcela Moreno zu den Osterfeierlichkeiten 2009 eingeladen. Vielleicht lassen sich die prominenten Gäste ja doch noch umstimmen, was die Kürzungen der Fördergelder angeht - wenn sie die ungeliebte Werbung in der Prozession von Popayan mit eigenen Augen sehen.