NATO-Staats- und Regierungschefs einigen sich auf neuen Generalsekretär

Einigung in letzter Minute

Mit der Ernennung von Dänemarks Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen zum künftigen NATO-Generalsekretär haben die 28 Staats- und Regierungschefs der Allianz ihr Gipfeltreffen doch noch erfolgreich zum Abschluss gebracht. Das Vorhaben wäre beinahe am Widerstand der Türkei gescheitert. Bereits vor dem Gipfel zum 60. Jubiläum der Allianz waren am Mittwoch Kroatien und Albanien als neue Mitglieder in das Militärbündnis aufgenommen worden.

 (DR)

Die Nachrichtenagentur ddp stellt nachfolgend die wichtigsten Ergebnisse des zweitägigen Treffens in Baden-Baden, Kehl und Straßburg vor:

AFGHANISTAN: Die NATO will den Aufbau afghanischen Sicherheitsbehörden massiv verstärken. Dazu werden mehr Ausbilder in das Land geschickt und die Finanzmittel zur Ausrüstung afghanischer Polizisten und Soldaten aufgestockt. Ziel der Bemühungen ist es, die internationalen Truppen in den nächsten Jahren schrittweise zurückzuziehen. Der Einsatz am Hindukusch ist für die NATO mit derzeit rund 55 000 Soldaten die größte und absehbar längste Herausforderung. Nach dem Wechsel der US-Doktrin geht es um eine neue Strategie, die Mittel und Ziele des Einsatzes klar definieren soll. Vorgesehen ist ein Dreiklang von Militäraktionen, zivilen Wiederaufbau und «good governance» (transparente und effektive Regierungsführung).

FRANKREICH: Nach 43 Jahren ist Frankreich wieder offiziell in die Militärstrukturen der NATO zurückgekehrt. Am 21. Februar 1966 hatte der damalige französische Präsident Charles de Gaulle die militärischen Strukturen der NATO mit der Begründung verlassen, die Verteidigung Frankreichs müsse französisch sein. De Gaulle kritisierte eine Dominanz der USA im Bündnis. Dennoch stellte Frankreich en Nordatlantikpakt nicht grundsätzlich nicht in Frage und blieb in den politischen Gremien des Bündnisses vertreten.

RUSSLAND: Die nach dem Georgien-Krieg eingefrorene Arbeit des NATO-Russland-Rates ist formell wieder in Kraft gesetzt worden. In den Mittelpunkt der Beziehungen zum «strategischen» Partner Russland rückt der Dialog und mehr politische Kooperationen. Hintergrund sind gemeinsame sicherheitspolitische Herausforderungen, die von der Lösung des Nahost-Konfliktes über das iranische Atomprogramm bis zur Sicherung der Seewege gegen Terroranschläge reichen.

STRATEGIE: Der NATO-Gipfel gab den Startschuss geben zur Erarbeitung eines neuen strategischen Konzeptes, mit dem sich das Bündnis fit machen will für das 21. Jahrhundert. Eine Beratergruppe soll das Konzept unter dem künftigen NATO-Generalsekretär Rasmussen innerhalb eines Jahres erarbeiten. Demnach soll der vernetzte Ansatz von militärischen und zivilen Mitteln zum Wiederaufbau zerfallender Staaten, die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen sowie der Umgang mit neuen Bedrohungen in den Vordergrund rücken. Ursprünglich ausgerichtet auf die Abschreckung der Sowjetunion stammt das derzeit gültige strategische Konzept aus dem Jahr 1999. Darin bekennt sich das Bündnis zu einem Mix aus konventionellen und nuklearen Streitkräften in Europa.

GENERALSEKRETÄR: Anders Fogh Rasmussen wird Nachfolger von Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer, dessen Amtszeit am 31. Juli endet. Die Ernennung des dänischen Ministerpräsidenten wäre beinahe am Widerstand der Türkei gescheitert. Ankara hat zunächst wegen Rasmussens Haltung im Karikaturenstreit sowie der dänischen Duldung eines kurdischen Fernsehsenders seine Zustimmung verweigert aber schließlich in letzter Minute doch noch eingelenkt. Das Amt des NATO-Generalsekretärs wird traditionell von den Europäern im Bündnis besetzt.