Kritik an Verlängerung der Abwrackprämie - Experten warnen vor Überschuldung der Verbraucher

Ökonomisch und ökologisch unlogisch

Die geplante Verlängerung der Abwrackprämie stößt zunehmend auf Kritik. Neben den Oppositionsparteien sprachen sich Verbraucherschützer und Ökonomen gegen die Ausweitung der Konjunkturhilfe aus. "Die Abwrackprämie ist nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch Unfug", sagte der Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Fritz Kuhn. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung warnt vor negativen Folgen der Konjunkturmaßnahme für Verbraucher und die Autobranche.

 (DR)

Nach Auffassung der Grünen sorgt eine Vorziehung der Nachfrage mit Staatsgeldern zugleich dafür, dass diese in den Folgejahren fehlt. Das sei, als trinke man «gegen Kälte in der Winternacht Schnaps», sagte Kuhn. Zuerst werde es etwas wärmer, dann jedoch viel kälter. «Deswegen trinken manche immer weiter», sagte Kuhn.

Die FDP monierte, dass sich die große Koalition »nur noch auf Geldausgeben einigen» können. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Otto Fricke (FDP), forderte in der «Neuen Presse» von der Bundesregierung einen Nachtragshaushalt. In ihm müssten die zusätzlichen Kosten für die Abwrackprämie, Mehrausgaben bei «Hartz IV» und die Ausfälle durch den Einbruch des Wirtschaftswachstums aufgelistet sein.

Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung beurteilte die Abwrackprämie kritisch. «Wir befürchten, dass aufgrund dieser Abwrackprämie mehr Leute in die Überschuldung gleiten werden», sagte der Vorstand der Schuldnerberatung Guido Stephan der «Thüringer Allgemeinen» (Donnerstagausgabe). Die Abwrackprämie sei sehr kritisch zu sehen, weil viele Menschen angehalten würden, sich ein neues Auto zu kaufen, das sie dann aber über einen Ratenvertrag abzahlen müssen. «Das birgt die Gefahr einer Überschuldung, weil gerade in Zeiten zunehmender Kurzarbeit und steigender Arbeitslosigkeit die Kreditaufnahme ein großer Risikofaktor ist», sagte er.

Das Mitglied des Sachverständigenrats der Bundesregierung, Christoph Schmidt, bezeichnete die Abwrackprämie als «ein typisches Strohfeuerprogramm». Allein wegen der Prämie werde «wohl kaum jemand auf die Idee kommen, sich ein neues Auto zu kaufen. Vielmehr werden hauptsächlich geplante Käufe vorgezogen», sagte der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) der «Rheinischen Post» (Donnerstagausgabe). Die Folge sei, dass nach Auslaufen der Prämie der Absatz einbreche. «Längerfristig kommt die Automobilindustrie nicht daran vorbei, ihre derzeitigen Überkapazitäten an die Nachfrage anzupassen», sagte Schmidt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesaußenminister (SPD) hatten sich am Mittwoch am Rande der Kabinettssitzung auf eine Ausweitung der Umweltprämie verständigt. Sollte der bisherige große Erfolg der Maßnahme anhalten, wolle man sich einer Verlängerung nicht verschließen, hieß es.

Bei der Abwrackprämie zahlt der Staat 2500 Euro für jeden Neu- oder Jahreswagen, wenn dafür ein mindestens neun Jahre altes Auto verschrottet wird. Die Bundesregierung hatte für die Prämie im laufenden Jahr zunächst 1,5 Milliarden Euro eingeplant. Damit können maximal 600 000 Prämien bezahlt werden. Laut Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) sind bis zum 25. März bereits 346 741 Anträge auf Gewährung der Prämie eingegangen.