Neues Datenschutzgesetz trifft auch Spendenorganisationen hart

"Keine Werbung"

"Keine Werbung" - mit einem solchen Aufkleber lässt sich Reklame aus Briefkästen verbannen. Das allein schützt aber noch nicht vor unerwünschter Werbung. Denn Prospekte gelangen auch über persönlich adressierte Briefe, die der Postbote bringt, ins Haus. Hier will die Bundesregierung gegensteuern - über das Bundesdatenschutzgesetz, das am Donnerstag erstmals im Bundestag beraten wurde. Indes: Die geplanten Maßnahmen treffen nicht nur den kommerziellen Bereich. Auch Organisationen, die Spenden sammeln, befürchten negative Auswirkungen.

Autor/in:
Andreas Otto
 (DR)

Dabei unterstützen sie grundsätzlich das Ziel der Gesetzesinitiative. Der vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf sieht vor, dass künftig die Briefwerbung wie bereits die Telefonwerbung der ausdrücklichen Einwilligung der Verbraucher bedarf. In dieser Vorgabe sieht die einschlägige Branche, die sich im Deutschen Dialogmarketing Verband (DDV) zusammengeschlossen hat, "ein faktisches Verbot der direkten postalischen Ansprache". Die Einholung von Einwilligungen wird als kaum zu überwindende Hürde betrachtet. Prophezeit werden erhebliche Schäden für die Wirtschaft und der Verlust Tausender Arbeitsplätze.

Folglich kämpft der DDV für die bisherige Möglichkeit, Adressdaten frei nutzen zu können und dies nur dann zu unterlassen, wenn ein Verbraucher dagegen Widerspruch eingelegt hat. Von dieser liberalen Regelung, dem sogenannten Listen-Privileg, haben in der Vergangenheit auch gemeinnützige Organisationen wie das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat profitiert. Zum ersten Kontakt mit Spendern nutzten auch sie die für kommerzielle Zwecke entwickelten Adressenlisten. An dieser Praxis soll sich für die Spendenorganisationen auch nach der Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes nichts ändern - entgegen ursprünglichen Plänen der Politik.

Gravierende Nachteile durch die Gesetzesnovelle?
Zwar begrüßen der Deutsche Fundraising Verband (DFRV) und der entwicklungspolitische Dachverband Venro diese Ausnahme, zumal Spendenorganisationen 75 Prozent der Neuspender durch das sogenannte Direktmarketing gewinnen. Dennoch rechnen sie mit gravierenden Nachteilen durch die Gesetzesnovelle. Ihre Argumentation: Durch die strengere Regelung bei kommerzieller Werbung geht die Zahl der Adressenhändler und -listen zurück - mit der Folge, dass die übrigen Anbieter viel höhere Preise nehmen. Spendenorganisationen, insbesondere die kleinen unter ihnen, sind mit ihrem begrenztem Werbe- und Verwaltungsetat laut DFRV und Venro aber auf bezahlbare Leistungen angewiesen.

Die Spenden sammelnden Organisationen stecken in einem Dilemma: Der Verbraucher unterscheide nicht, ob es sich bei einem Werbebrief um kommerzielle oder gemeinnützige Zwecke handele, meint beispielsweise der Fundraiser des Erzbistums Freiburg, Udo Schnieders. Wenn nur noch Spendenorganisationen diesen Weg der Werbung wählen dürften, werde sie der verbreitete Verdruss der Bürger auch allein treffen. Ähnlich sieht es die Berliner Fundraiserin Sabine Zeller: Der Verbraucher reagiere auf Spenden-Mailings "genauso sauer" wie auf Briefe, die auf Profit zielen.

Als Alternative unterstützen die Fundraiser und Venro einen Kompromissvorschlag des Dialogmarketing-Verbandes. Danach sollen Unternehmen weiter personenbezogene Daten ohne Einwilligung der Betroffenen nutzen dürfen, wenn die Firmen genau festgelegte Datenschutz-Standards erfüllen. Dies soll überprüft und durch die Vergabe eines Gütesiegels bestätigt werden. Nur ein solches, dem Bio-Siegel vergleichbares Zeichen könne zu einem sicheren Datenschutz beitragen, so Fundraising-Verband und Venro. Sie betonen, dass die jüngsten Fälle des Missbrauchs personenbezogener Daten auf kriminelles Handeln einzelner Personen zurückzuführen und "mit keiner noch so ausgefeilten gesetzlichen Regelung zu unterbinden" seien.